Ökonomie

Ungleichheit lässt sich kaum durch Konsum korrigieren

Lieber das etwas teurere, palmölfreie Produkt kaufen: Individuelle Kaufentscheidungen wie diese können das eigene Gewissen beruhigen, ändern an den ökonomischen Ursachen für Ungleichheit und Umweltausbeutung aber wenig. Das zeigen Analysen einer Sozialökologin der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien.

Im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF unterstützen Forschungsprojekts zeigt Anke Schaffartzik auf Basis weltweiter Daten von 1960 bis 2010 auf, wie sich die wirtschaftliche Erschließung von Boden längerfristig niederschlagen kann. Am Beginn dieses Prozesses steht eine oft politisch angestoßene oder abgesegnete Umwidmung von Land in meist weniger entwickelten Ländern. Das Ziel sei dabei meist nur die simple wirtschaftliche Entwicklung durch die Ausbeutung der dortigen Ressourcen etwa durch Acker- oder Bergbau. Die Bedürfnisse der Bevölkerung seien meistens höchstens zweitrangig.

Wertschöpfung ungleich verteilt

So beginne die Schieflage schon beim Zugang zum Land selbst und bei frühen Entscheidungsprozessen darüber, heißt es am Montag in einer Aussendung des FWF. Das illustriere ganz besonders der Anbau von Ölpalmen in Indonesien. Im südostasiatischen Inselstaat wurden in den vergangenen Jahrzehnten ausgedehnte einstige Waldflächen in Plantagen umgewandelt. Das dort gewonnene Roh-Palmöl findet sich als Speiseöl, oder in Schmier-, Futter- oder Lebensmitteln sowie im Biodiesel oder anderen höher verarbeiteten Produkten.

Das Gros der Wertschöpfung wird in jenen Ländern erzielt, in denen auch diese weiterverarbeiteten Produkte letztendlich hergestellt werden. „Während einige Länder hohen Konsum und Wirtschaftswachstum sicherstellen und gleichzeitig ihre Ressourcenbasis schonen oder diese längst ausgeschöpft haben, wird anderswo immer mehr Land für den Export von Rohstoffen oder Energieträgern in Anspruch genommen und so eine sozial-ökologisch nachhaltige Entwicklung unmöglich gemacht“, so Schaffartzik.

Beispiel Indonesien

In Indonesien basiere der „fortschreitende Flächenverschleiß“ mit seiner Zurückdrängung von traditionellen Bewirtschaftungsformen und der vermehrten Landnahme („Landgrabbing“) etwa durch Firmen „zuerst auf politischen Entscheidungen: eine Nutzung der Ressourcenbasis, die Geld abwirft und die politische Kontrolle über abgelegene Inseln sollten erreicht werden“.

Mittlerweile werde vielfach das „ökonomische Wachstum“ auf Basis der produzierten Güter „wichtiger genommen als die Versorgung der eigenen Bevölkerung mit Nahrungsmitteln“, so die Wissenschaftlerin. So müsse in Indonesien mittlerweile das Öl zum Kochen vielfach importiert werden.

Für die Wissenschaftlerin haben vor diesem Hintergrund individuelle Kaufentscheidungen, etwa gegen Produkte mit Palmöl-Anteilen und für etwas teurere ohne diesen Inhaltsstoff, wenig Einfluss auf die Gesamtsituation – auch wenn das oft als Vehikel zum Anstoß von Veränderungen angesehen wird. Vielmehr sollte mehr Augenmerk auf die zugrunde liegenden politischen Prozesse gelegt werden, die zu gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Ungleichheit und zum mehr als bedenklichen Umgang mit Landressourcen führen. Derartige Abläufe seien nämlich nicht nur in weniger entwickelten Staaten ein großes Problem.