Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hält beim „One Planet Summit“ eine Rede
LUDOVIC MARIN/AFP
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Artenschutz

Umweltgipfel: „Wir sind gescheitert“

Beim „One Planet Summit“ in Paris haben Staats- und Regierungschefs aus aller Welt deutlich stärkere Maßnahmen zum Artenschutz angemahnt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron räumte das Scheitern der bisherigen Bemühungen ein.

Nicht ein einziges der 2010 formulierten Biodiversitäts-Ziele sei erreicht worden, betonte Macron. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte in ihrer Eingangserklärung, die Anstrengungen zum Schutz der Artenvielfalt und der natürlichen Lebensräume zu erhöhen, „und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt, und nicht irgendwie, sondern ganz erheblich“. Sonst könnten die Folgen irgendwann nicht mehr rückgängig gemacht werden.

Ziele verfehlt

Die Weltgemeinschaft hatte sich ursprünglich vorgenommen, den Verlust der Arten und Lebensräume bis 2020 zu stoppen. UNO-Generalsekretär António Guterres betonte als Mitgastgeber des „One Planet Summit“, die Welt könne nach der Coronavirus-Pandemie „nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen“.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erinnerte daran, dass Wissenschaftler von einem Zusammenhang zwischen Pandemien und bedrohter Biodiversität ausgehen. „Wenn wir nicht dringend handeln, um die Natur zu schützen, könnten wir bereits am Beginn einer neuen Ära der Pandemien stehen“, warnte sie. „Aber noch können wir gegensteuern“.

Der britische Premier Boris Johnson betonte, der Mensch zerstöre die Artenvielfalt in einem besorgniserregenden Tempo, um sich die Erde nutzbar zu machen „70 Prozent der Vögel auf der Erde sind heute Hühner“, sagte Johnson. Nur noch rund vier Prozent der Säugetiere gehörten zu wild lebenden Arten wie Affen oder Wale. Das sei „eine Katastrophe“.

“Lücke zwischen Worten und Taten“

Kritik an den Bekundungen kam von den Grünen: Der Europaabgeordnete Sven Giegold schrieb auf Twitter, die „Lücke zwischen Worten und Taten“ könne beim Artenschutz kaum größer sein. So habe Merkel in ihrem Vortrag zwar erneut den Schutz der Biodiversität betont, „bitter“ sei aber, dass die unter deutschem EU-Ratsvorsitz ausgehandelte Agrarreform genau diese Bemühungen untergrabe.

Frankreichs Präsident Macron lobte zugleich Projekte wie das der „Grünen Mauer“ in Afrika. Damit wollen die Staaten der Afrikanischen Union die Auswirkungen des Klimawandels und die fortschreitende Wüstenbildung bekämpfen. Ziel ist die Erschaffung eines grünen Streifens fruchtbarer Landschaft in der Sahelzone bis zum Horn von Afrika.

Der vorwiegend online abgehaltene Artenschutz-Gipfel wurde von Frankreich gemeinsam mit den Vereinten Nationen und der Weltbank ausgerichtet. Er soll die Grundlagen für die UN-Verhandlungen zum Schutz von Biodiversität im Oktober in China legen. Dort sollen Vertreter aus fast 200 Ländern neue UN-Artenschutzziele festlegen.

Die bisherigen internationalen Artenschutzbemühungen gelten als gescheitert. Laut einem 2019 veröffentlichten Bericht des UN-Beratergremiums für Biodiversität sind eine Million Arten auf der Erde vom Aussterben bedroht.