Stadtbäume in Wien
Juliane Nagiller/ORF
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Stadtklima

Gestresste Bäume „atmen“ anders

Hitzeperioden im Sommer und Streusalz im Winter: Beides löst bei Stadtbäumen Stress aus. Laut einer Forscherin kann das für das Stadtklima sogar schädlich sein. Die gestressten Bäume geben organische Stoffe ab, die mit Luftschadstoffen reagieren können. Die Folge: Die Ozonwerte steigen.

Mehr als 92.000 Straßenbäume gibt es allein in der Bundeshauptstadt Wien. Sie filtern Kohlendioxid aus der Luft, kühlen im Sommer und regulieren das Stadtklima. Eingepfercht zwischen Autos und ausgestattet mit nur einer schmalen Erdfläche sind Stadtbäume jedoch besonderen Stressfaktoren ausgesetzt – gerade im Winter.

Streusalz erzeugt Trockenstress

„Im Winter wird relativ viel Salz gestreut. Das heißt, da kommt auch recht viel Salz in die Böden rein“, erklärt Anne Fitzky vom Institut für Waldökologie an der Universität für Bodenkultur Wien. Sie untersucht im Rahmen des vom Wiener Wissenschafts- und Technologiefonds geförderten Projekts UOZONE, wie Bäume das Stadtklima beeinflussen.

„Wenn dann im Frühjahr die Blätter wieder kommen, dann merkt der Baum, dass da relativ wenig Wasser zu ziehen ist, weil das viele Salz im Boden das Wasser zurückhält bzw. viel von dem Salz auch aufgenommen wird“, erklärt die Biologin. Dem Baum steht weniger Wasser zur Verfügung. Das Salz verursacht – ebenso wie eine Hitzewelle – Trockenstress. Besonders die Hainbuchen und die Ahornbäume, wie man sie an vielen Wiener Alleen findet, reagieren empfindlich auf Salz, sagt Fitzky. Bereits im Spätsommer bekommen sie braune Blätter. Sie können dann keine Photosynthese mehr betreiben und auch kein CO2 mehr aufnehmen.

Veränderte Ozonkonzentration

Bäume können neben CO2 auch Ozon reduzieren, indem sie dieses über die kleinen Spaltöffnungen in ihren Blättern, die sogenannten Stomata, aufnehmen. Sie „schlucken“ aber nicht nur Schadstoffe, sondern geben auch flüchtige organische Stoffe (VOCs) frei. Diese können mit Stickoxiden reagieren, Schadstoffen in der Luft, die beispielsweise im Straßenverkehr entstehen. Die Folge: die Ozonkonzentration in der Luft steigt sogar an. „Beispielsweise emittiert die Eiche sehr viel an Isopren“, gibt Fitzky ein Beispiel. Reagiert dieses Isopren mit Stickoxiden, erhöht das die bodennahe Ozonbildung.

Stadtbäume in Wien
Juliane Nagiller/ORF
Stadtbäume im 18. Wiener Gemeindebezirk

Das würde immer dann passieren, wenn die Eiche leichtem Trockenstress ausgesetzt ist. „Wenn wir eine beginnende Trockenperiode haben, haben wir auch erstmal relativ hohe Ozonkonzentrationen auf Grund der Vegetation.“ Mehr Bäume können in Kombination mit höheren Temperaturen also auch schädlich für das Stadtklima sein. Da auch Streusalz Trockenstress auslöst, könnte es indirekt zu ähnlichen Effekten führen. Fitzky konnte feststellen, dass salzsensitive Bäume auf Grund des Stresses sogar beginnen VOCs zu emittieren, die sie im Normalzustand nicht emittieren würden.

Stadtbäume-Test in Klimakammern

Sollen Stadtbäume zu einem guten Stadtklima beitragen, dann müssen sie sorgfältig ausgewählt werden. Um herauszufinden, welche Arten sich besonders für die Stadt eignen, hat Anne Fitzky klassische „Stadtbäume“ besorgt und diese in eigens entwickelten Klimakammern angebaut. In diesen Kammern kann die Forscherin nicht nur Licht, Temperatur und Luftfeuchtigkeit regulieren, sie misst auch, wie viel Ozon der Baum aufnimmt und welche Photosyntheseraten er aufweist.

Anne Fitzky in Klimakammer
privat
Anne Fitzky in der Klimakammer

Aktuell wertet Anne Fitzky die in den Klimakammern gewonnenen Daten aus. „Eiche, Pappel, Robinie sind eher schlecht, weil sie indirekt Ozon erhöhen können durch die Gase, die sie emittieren.“ Besser für das Stadtklima seien Bäume, die kein Isopren emittieren, wie etwa Hainbuche, Linde oder Ahorn. Den perfekten Stadtbaum gibt es übrigens nicht. Dafür sind die Stressfaktoren in der Stadt zu vielfältig. Klar ist nur: Je größer der Baum, desto mehr Schadstoffe kann er aufnehmen.