3-D-Blick auf das Coronavirus
APA/PETER MINDEK
APA/PETER MINDEK

Forscher machen Virus in 3-D sichtbar

Einen neuen, dreidimensionalen Blick auf das Coronavirus ermöglichen u. a. Wiener Forscher in Videovisualisierungen. Es handelt sich dabei um kein Modell, sondern um 3-D-Abbildungen echter SARS-CoV-2-Viren aus schockgefrorenen Proben.

Laut Nanographics, einem Spin-off der Technischen Universität (TU) Wien, sind dies die ersten ihrer Art.

Von dem vor rund einem Jahr aufgetauchten neuen Coronavirus kursieren mittlerweile schier unzählige Darstellungen. Allen gemein ist ihre Kugelform mit den charakteristischen Spike-Proteinen, die der Erreger zum Andocken an und Eindringen in menschliche Zellen benötigt. Modellhafte Darstellungen begleiten die Pandemie bisher in unzähliger Anzahl und Form – von der möglichst realitätsnahen Darstellung aus Basis wissenschaftlicher bis zur Comic-haften Darstellung für Kinder.

Die Visualisierungen der Wiener Firma fußen nun auf Daten von Forscherinnen und Forschern von der Tsinghua University in Peking. Dort hat es ein Team um Sai Li von der School of Life Sciences geschafft, intakte SARS-CoV-2-Viruspartikel in Proben zu extrahieren, sie mit Kryoelektronenmikroskopie abzuscannen und zu digitalisieren, erklärte Ivan Viola von der Technischen Universität (TU) Wien und der King Abdullah University of Science and Technology (Saudi-Arabien) kürzlich im Rahmen eines Online-Vortrages des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF). Wichtig war hier, dass durch das Scannen der Probe die Spike-Proteine möglichst nicht in ihrer Struktur verändert wurden.

Viren treten aus Salzlösung hervor

Um die derart gewonnenen Daten der einzelnen Viren auch sichtbar zu machen, mussten die Experten von Nanographics um Ko-Firmengründer Peter Mindek Methoden finden, um die Salzlösung, in die die von den Wissenschaftlern möglichst dicht nebeneinander gepackten Erregerpartikel eingebettet waren, sozusagen verschwinden zu lassen. In einer der Visualisierungen lässt sich nachvollziehen, wie die Viren Schritt für Schritt aus dem Hintergrund heraustreten.

Es sei faszinierend, wie auf Basis der tatsächlichen Mikroskopiedaten „direkt ziemlich detailliert die Virusstruktur zum Beobachten ist“, die den geläufigen indirekten Darstellungen gut entspricht, so Viola. Die Visualisierung sei die weltweit erste Darstellung derartiger Daten in derart hoher visueller Qualität.

Die von den Forschern entwickelten Methoden sollen künftig dabei helfen, biologische Mikroskopiedaten leichter und schneller zu analysieren. Zusammen mit den chinesischen Biologen und in Kooperation mit Forschern vom Scripps Research Institute (USA) arbeiten u.a. die Experten der KAUST an der Verbesserung und Neuentwicklung von Software-Lösungen, um Strukturmodelle zu erstellen. So sind dem Wiener Uni-Spin-off bereits äußerst detaillierte, animierte Modelle des Aufbaus von SARS-CoV-2 gelungen, in die auch verschiedene Annahmen zur Feinstruktur von Oberfläche und Innenleben des Erregers eingingen.