Spiel vor leeren Rängen: Mergim Berisha (FC Red Bull Salzburg) beim Torschuss
APA/KRUGFOTO
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Fußball

Geisterspiele: Weniger Streit, mehr Tore

Fußballspiele ohne Publikum sind nicht nur für die Zuseher von TV-Übertragungen gewöhnungsbedürftig. Die Stille im Stadion hat auch das Spiel verändert, wie Forscher der Universität Salzburg nachweisen.

Angesichts der eher niedrigen Zuschauerzahlen in der österreichischen Bundesliga könnte man vermuten, dass die – pandemiebedingte – Absenz des Publikums wenig Auswirkungen auf die Statistiken oder das Verhalten auf dem Platz hat. Eine Analyse der beiden Sportpsychologen Michael Leitner und Fabio Richlan liefert nun ein anderes Ergebnis.

Emotions-Analyse

Die beiden Forscher hatten für ihre Studie zehn Matches des FC Red Bull Salzburg in der Saison 2018/19 sowie zehn Geisterspiele des Serienmeisters im vergangenen Jahr unter die Lupe genommen. Für Leitner ist diese „einzigartige“ Situation eine ebensolche Chance, um den Einfluss von Zuschauern auf Profisportler und deren Betreuer zu untersuchen, heißt es in einer Aussendung.

Mit Hilfe eines „Analysesystem für emotionales Verhalten im Fußball“ weisen Leitner und Richlan jedenfalls nach: In Geisterspielen gab es um 19,5 Prozent weniger Auseinandersetzungen zwischen Spielern oder zwischen Spielern und Schiedsrichter. Die Referees sahen sich auch seltener dazu veranlasst, bei derartigem Verhalten einzuschreiten: In Matches mit Zuschauern involvierten sie sich in knapp 40 Prozent dieser „emotionalen Situationen“, in den leeren Stadien war das nur bei rund einem Viertel der Fälle so.

Weniger Platzverweise

Während moderater Protest etwas zunahm, war dies beim Fair-Play-Verhalten ebenso. Wortgefechte und Diskussionen gingen in Geisterspielen um rund fünf Prozent zurück. Was den Akteuren offenbar half, sich auf das Spielziel zu konzentrieren: nämlich das Runde ins Eckige zu befördern. So schoss Red Bull Salzburg unter den Bedingungen der Geisterspiele mehr Tore (plus acht in den zehn untersuchten Spielen). Im Gesamten verbuchte die Corona-Meisterrunde mit ihren 60 Spielen sogar um 20 Prozent mehr Tore bei rund 13 Prozent weniger Verwarnungen oder Platzverweisen.

Insgesamt zeige sich, dass das Umfeld mit Zuschauern im Stadion sehr wohl einen „deutlichen Einfluss“ auf das Verhalten der Akteure hat, so Leitner. Spieler, Betreuer und auch Schiedsrichter bleiben offenbar in Absenz der Fans ruhiger und liefern sich weniger Wortgefechte. Nun wollen die Forscher herausfinden, ob sich die gleichen Effekte auch bei anderen Teams nachweisen lassen.