Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Wind beeinflussen, wie gut das Virus von Mensch zu Mensch übertragen wird – genauer gesagt, wie sich die Tröpfchen in der Luft verhalten, die wir beim Husten und Sprechen ausstoßen. Steigen die Temperaturen, sinkt die Viruskonzentration, nimmt zudem die Luftfeuchtigkeit ab und ist es einigermaßen windstill, schrumpft die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Infektionen kommt, erklärt einer der Autoren Dimitris Drikakis von der Uni Nikosia. „Die Tröpfchen, in denen das Virus sitzt, verdampfen dann schneller – das Wetter hat einen direkten Effekt auf den Träger des Virus.“
Die Studie
„Fluid dynamics and epidemiology: Seasonality and transmission dynamics“, Physics of Fluids (2.2.2021)
Ist es lange feucht und windig, reisen die Tröpfchen mit den Viren ungehindert weiter und können auch Menschen erreichen, die mehr als zwei Meter Abstand haben. „In einer früheren Studie konnten wir zeigen, dass sich ausgehustete Tröpfchen auch bei niedrigen Windgeschwindigkeiten von vier oder zehn Kilometer pro Stunde schneller bewegen und sechs Meter und darüber hinaus fliegen können. Das erhöht die Übertragungswahrscheinlichkeit. Wir müssen bei Wind also noch mehr Abstand halten.“
Anstiege vorhersagen
Die Informationen über den Zusammenhang von Virus und Wetter haben Drikakis und sein Kollege Talib Dbouk nun in eine Formel gegossen und mit einfachen epidemiologischen Modellen kombiniert, die nur die Übertragungsrate sowie die Genesungsdauer berücksichtigen.

Rückblickend hätte man damit die starken Anstiege im Frühling und im Herbst letzten Jahres vorhersagen können, wie die Forscher am Beispiel Paris, New York und Rio de Janeiro zeigen. Denn die Übergänge von Sommer auf Herbst sowie von Winter auf Frühling schaffen besonders gute Bedingungen für das Virus. „Man sieht insbesondere dann schnelle Veränderungen in den Infektionszahlen, wenn man von hohen Temperaturen und niedriger Luftfeuchtigkeit in den gegenteiligen Zustand übergeht: niedrige Temperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit.“ Kurzfristige Veränderungen haben hingegen keinen Effekt. Regnet es also 48 Stunden bei niedrigen Temperaturen, wirkt sich das nicht unmittelbar auf die Infektionszahlen aus. „Dauert der Wetterumschwung einige Wochen an, wird man es aber sehen.“
Ö1-Sendungshinweis
Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 3.2. um 13.55
Verbesserte Prognose
Berücksichtigen Modelle auch Wetterdaten der vergangenen Jahre lassen sich Prognosen über die Entwicklung der Infektionszahlen verbessern, so Drikakis. „Wir haben keine Kristallkugel entwickelt, die genau vorhersagt, wann die Infektionszahlen im März ihren Höhepunkt erreichen werden. Kein Modell kann das. Wir sehen aber, dass Wetterdaten epidemiologische Modelle – auch sehr einfache – präziser machen. Denn kein Modell hat im Herbst die zweite Welle prognostiziert. Hätte man die Wetterdaten implementiert, wäre das möglich gewesen.“
Für Paris rechnet das Modell im Jänner und Februar mit einem Anstieg bei den Infektionen. „Was sie auch tun. Diese Berechnungen berücksichtigen aber keine Maßnahmen wie Lockdowns. Einschränkungen können natürlich die Wellen brechen bzw. verkleinern.“