Birke in einem Park: Mit den Frühlingstemperaturen steigt auch die Pollenbelastung, was vielen Menschen mit Allergien zu schaffen macht.
APA/ROLAND SCHLAGER
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Langzeitanalyse

Klimaerwärmung verlängert Pollensaison

Noch ist der Frühling fern, aber die ersten Pollen fliegen bereits. In den vergangenen 30 Jahren ist die Blühsaison durch die Erderwärmung deutlich länger geworden. Das bestätigt auch eine neue Studie aus den USA und Kanada: Dort beginnt sie heute ganze 20 Tage früher als noch 1990.

Weltweit leidet heute etwa ein Fünftel der Bevölkerung unter einer Allergie, vor hundert Jahren war es nur ein Prozent. Auch hierzulande klagen zunehmend Menschen unter tränenden Augen, einer juckenden Nase oder gar unter Atembeschwerden. Das liegt auch daran, dass die Blüte immer früher beginnt und meist intensiver ist, wie auch letztes Jahr. Heuer sind erneut bereits die ersten Pollen im Anmarsch, dabei ist erst Anfang Februar.

Hinter den Veränderungen stecken nach Ansicht von Experten Umweltbelastungen durch Luftschadstoffe und der Klimawandel: Es wird überall wärmer und die Blühsaisonen dauern länger. Für den nordamerikanischen Kontinent hat ein Team um William Anderegg von der University of Utah nun versucht, die Auswirkungen der Erderwärmung auf Allergien zu quantifizieren und die entscheidenden klimatischen Einflussgrößen zu identifizieren.

Früher Blühimpuls

Für die soeben im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ erschienene Studie wurden Daten von 60 Pollenmessstationen in den USA und Kanada von 1990 bis 2018 verwendet. Insgesamt nahm die Pollenlast in diesem Zeitraum um mehr als ein Fünftel zu. Am stärksten betroffen war laut den Forschern Texas und der Mittelwesten. Die Saison starte heute im Schnitt um 20 Tage früher und dauere um zehn Tage länger als vor 30 Jahren. Vermutlich ist vor allem die Wärme für den frühen Blühimpuls ausschlaggebend.

Blaue Akelei
William R. L. Anderegg
Rocky Mountain-Akelei

Um den Einfluss des Klimas auf die saisonalen Veränderungen genauer einzuschätzen, hat das Team acht Klimavariablen berücksichtigt, unter anderem Temperatur, Niederschläge, Frosttage und CO2-Konzentration. Wie die Forscher berichten, sind alle gemeinsam für mindestens die Hälfte der saisonalen Schwankungen bei der Blüte und der Pollenlast – vor allem im Frühjahr – verantwortlich.

Wärme maßgeblich

Der wichtigste Einflussfaktor war laut den Berechnungen tatsächlich die Wärme bzw. die jeweilige Jahresdurchschnittstemperatur, die CO2-Konzentration dürfte hingegen keine so große Rolle spielen. Unterteilt man die dreißig Jahre in zwei Teilabschnitte (1990 bis 2003, 2003 bis 2018), zeigt sich laut den Studienautoren, dass die Erderwärmung in der jüngeren Vergangenheit noch stärker ins Gewicht fällt. Der Einfluss des Menschen auf die Pollensaison könnte aber noch deutlich größer sein als hier berechnet, betonen Anderegg und Co. in ihrer Studie. So wurden etwa Veränderungen bei der Vegetation oder der Biodiversiät nicht berücksichtigt.

Die Ergebnisse machen jedenfalls einmal mehr deutlich, dass die Erderwärmung schon heute direkte Folgen hat – auch für die menschliche Gesundheit. „Klimawandel ist nichts, das irgendwann in der fernen Zukunft liegt“, so Anderegg in einer Aussendung. „Er ist bereits hier – in jedem Frühlingsatemzug – und verschlimmert menschliches Leid.“