Massentests in Wien
APA/HERBERT NEUBAUER
APA/HERBERT NEUBAUER

Wann Massentests effektiv sind

In den Schulen wird regelmäßig getestet, und auch vor Friseurbesuchen müssen Schnelltests durchgeführt werden. Wie Modelle zeigen, könnten regelmäßige Schnelltests die Verbreitung des Virus tatsächlich bremsen – zumindest in der Theorie.

Ein Teil der Bevölkerung lässt sich regelmäßig mit Schnelltests überprüfen, ist der Test positiv, isoliert man sich und wartet auf das Ergebnis des PCR-Tests. Ist auch das positiv, muss man in Quarantäne bleiben. Auf diese Weise sollen zahlreiche Übertragungen verhindert werden. Wie viele mitmachen müssten, damit es einen Effekt hat, haben sich Schweizer Forscher der ETH Zürich in einer noch nicht begutachteten Studie ausgerechnet.

Sie kommen zum Ergebnis: Lässt sich ein Viertel der Bevölkerung einmal pro Woche testen – jedes Mal zufällig neu ausgewählte Personen – könnte man die Reproduktionszahl R um 40 Prozent senken – also jene Zahl, die angibt, wie viele Menschen eine infizierte Person ansteckt. Damit würde sich das Virus immer langsamer ausbreiten. Macht jede Woche sogar die halbe Bevölkerung mit, ließe sich der R-Wert sogar halbieren.

Theorie und Praxis

In der Theorie kann regelmäßiges Testen einen enormen Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben, davon ist auch der Physiker und Ökonom Stefan Thurner vom Complexity Science Hub in Wien überzeugt. Er gibt aber zu bedenken, dass die Realität oft komplexer ist. „Diese Berechnungen sind sinnvoll, um ein Gefühl dafür zu kriegen, wie diese gesamte Dynamik funktioniert und auch zu verstehen, dass es gelingen kann. Aber als Prognosetool ist es viel zu unscharf und noch zu viel Kristallkugel.“

Unter anderem hängt der Erfolg von Massen- und Heimtests davon ab, welche Antigentests verwendet und wie präzise die Tests durchgeführt werden. Auch die neuen Virusvarianten spielen eine Rolle – wobei sich der Einfluss noch nicht genau beziffern lässt. Ebenso unklar ist, wie sich Menschen tatsächlich verhalten. „Also, wie stark sind die Kontaktnetzwerke, in der Familie, in der Schule, in der Freizeit. Wie viele Leute gehen trotz positiven Tests arbeiten, wie viele Leute halten sich an die Quarantäne. Obwohl alle diese Zahlen erhebbar wären, sind wir in einer Lage, dass wir diese Zahlen zum Großteil einfach viel zu ungenau wissen, dass unser Modell irgendetwas helfen würde“, erklärt Stefan Thurner.

Zu viele Unbekannte

Er und seine Kollegen haben ebenfalls an einem Modell für Massentest-Prognosen gearbeitet, letztlich haben die Forscher das Projekt aber aufgrund der vielen Unbekannten abgebrochen. So bleibt unterm Strich die Aussage: Regelmäßiges Testen ist sinnvoll, aber eben nur, wenn viele mitmachen. „Wenn die Leute sich dann nicht herausnehmen und diese Selbstquarantäne ernst nehmen, bringt auch das beste Testen nichts.“

Noch effektiver sind Massentests gezielt in jenen Gruppen, die viele Kontakte haben, wie etwa in der Schule sowie in den Büros und Geschäften. Auch das Schweizer Modell zeigt, dass man mit dieser Methode weniger Tests braucht, um die Reproduktionszahl zu halbieren.

Allerdings sind auch dann regelmäßige Antigentests nur eine Maßnahme von vielen, um die Infektionszahlen unter Kontrolle zu halten. Wer ein negatives Ergebnis hat, sollte also trotzdem zu anderen Menschen Abstand halten, Masken tragen und Kontakte weitgehend reduzieren.