Künstlerische Illustration der „Perseverance“
NASA/JPL-Caltech
NASA/JPL-Caltech
„Perseverance“

Der Austro-Anteil am Marsrover

Donnerstagabend soll der NASA-Rover „Perseverance“ auf dem Mars landen. An der Mission sind auch Forscherinnen und Forscher aus Österreich beteiligt: etwa beim ersten Hubschrauberflug, der jemals auf dem Roten Planeten stattfinden soll, bei der Verarbeitung hochauflösender Bilder und bei der Suche nach Meteoriteneinschlägen.

Nach der – für Donnerstag knapp vor 22 Uhr MEZ geplanten – Landung der „Perseverance“ soll sich erstmals auch eine Helikopterdrohne in die dünne Atmosphäre des Roten Planeten erheben. Mitentwickelt hat sie die österreichische Ingenieurin Cornelia Altenbuchner, die am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena/Kalifornien arbeitet. Aus Ermangelung eines Satellitenpositionierungssystems wie GPS muss sich die „Ingenuity“ genannte Drohne anhand von Kamerabildern selbstständig orientieren. Einer der Entwickler des Algorithmus des Kamera-basierten Systems ist der an der Universität Klagenfurt tätige Schweizer Stephan Weiss.

Der auf Deutsch auf den Namen „Einfallsreichtum“ hörende Minihubschrauber wiegt lediglich 1,8 Kilogramm und sorgte in der Vergangenheit schon für einiges Aufsehen. In der extrem dünnen Atmosphäre müssen die vier Rotorblätter aus Kohlefasern sehr viel schneller rotieren als dies auf der Erde der Fall wäre. In bis zu vier Flugversuchen soll „Ingenuity“ beweisen, dass derartige Flüge am Mars möglich sind. Mittels Kameras und einer am Jet Propulsion Laboratory (JPL) des California Institute of Technology (Caltech) entwickelten Software soll dann die Orientierung im „Jezero Krater“ gelingen. So will man auch die Topografie der Umgebung festhalten.

Illustration eines Flugs des Marshubschraubers „Ingenuity“
NASA/JPL-Caltech
Illustration eines Flugs des Marshubschraubers „Ingenuity“

Wie Ski-Abfahrt kurz vor der Dämmerung

Stephan Weiss setzt sich seit seiner Dissertation an der ETH Zürich mit der Entwicklung von Systemen für diese innovative Art der Orientierung und Navigation auseinander. Zwischen 2012 und 2015 war er in der Sache am JPL tätig, wo er seine Ideen weiter verfolgen konnte. „Können wir das auf dem Mars fliegen?“, fragte nach der Technologiedemonstration seiner Dissertation dort der damalige JPL-Chef Charles Elachi, wie Weiss im Gespräch mit der APA erklärte.

Das Vertrauen ist seither gewachsen, so der nunmehrige Institutsvorstand des Instituts für Intelligente Systemtechnologien an der Uni Klagenfurt, der weiter in das aufsehenerregende Projekt eingebunden ist: „Wir sind noch am Puls der Entwicklung.“ In den vergangenen Jahren galt es vor allem, das System zu vereinfachen, um auf dem Mars möglichst fehlerfrei manövrieren zu können. Am Landepunkt ist das Gelände vor allem flach, dementsprechend wenig Kontrast und markante Anhaltspunkte bietet die Umgebung. Das sei vergleichbar mit einer Ski-Abfahrt kurz vor der Dämmerung, wo sich Unebenheiten kaum noch aus einer gewissen Vogelperspektive ausmachen lassen. Genau für derartiges ist der Algorithmus nun optimiert, erklärte der Forscher.

Hochauflösende Kamerasystem für Stereobilder

Am NASA-Rover „Perseverance“ sind aber auch noch eine Reihe anderer heimischer Forscher und Forscherinnen beteiligt, etwa an „Mastcam-Z“, einem ausfahrbaren, rund zwei Meter hohen Mast des Rovers mit einem hochauflösenden Kamerasystem für Stereobilder. Die Zoomfunktion ist so stark, dass selbst eine 100 Meter entfernte „Marsfliege“ noch erkannt werden könnte.

An der Verarbeitung dieser Daten sind Forscher des Grazer Joanneum Research und des Wiener Forschungszentrums für Virtual Reality und Visualisierung (VRVis) in einem vom Klimaschutzministerium über einen Vertrag mit der Europäischen Weltraumagentur ESA finanzierten Projekt beteiligt. Das Instrument „Mastcam-Z“ wurde hauptsächlich von der Arizona State University entwickelt, wie Gerhard Paar von der Forschungsgruppe Bildanalyse und Messsysteme bei Joanneum Research in Graz im Gespräch mit der APA berichtete.

Visualisierungen sollen z.B. Wasserspuren finden

Joanneum Research und VRVis wurden ausgewählt, um aus diesen Bildern 3-D-Rekonstruktionen und anschließende Visualisierungen zu machen. Diese sollen es dann unter anderem ermöglichen, auf dem Roten Planeten interessante geologische Strukturen zu finden, die Hinweise auf etwa alte Wasserspuren und möglicherweise ausgestorbenes Leben enthalten könnten. „Ziel ist es, für die weitere Forschung dreidimensionale Karten, in denen die Daten der Oberflächeninstrumente lokalisiert und in ihrem Zusammenspiel interpretiert werden können, zu erstellen“, schilderte Paar, der schon seit Jahren die Forschung für Marsexpeditionen begleitet.

VRVis-Visualisierung des Jerezo-Kraters
VRVis, Joanneum Research
VRVis-Visualisierung des Jezero-Kraters

Die österreichische Software liefert die dreidimensionale Auswertungen an das „Mastcam-Z“-Wissenschaftsteam. „Wir verwenden die Stereobilder, um jeden Bildpunkt dreidimensional zu beschreiben und erzeugen Visualisierungen davon wie zum Beispiel Videos, die einen Überflug simulieren und damit die Räumlichkeit der Landschaft um den Rover verdeutlichen. VRVis stellt die Visualisierungskomponente zur Verfügung“, so Paar. Mit dem von VRVis entwickelten 3-D-Viewer wird den Forschern sodann die interaktive Erkundung und geologische Interpretation der 3-D-Rekonstruktionen der Marsoberfläche ermöglicht.

Wenn der Rover am 18. Februar auf denm Mars landen wird, wird es allerdings noch eine Weile dauern, bis die österreichischen Spezialistinnen und Spezialisten mit der Auswertung der Bilder beginnen können: Paar rechnet mit den ersten 3-D-Auswertungen etwa eine Woche nach der Landung. Die ersten Tage werde das Rover-Team damit verbringen, die Systeme und Instrumente zu testen, die Software vom Landemodus auf den Fahrmodus umzustellen, die Kommunikationskanäle zu Marssatelliten und zur Erde einzurichten – und erste Bilder der Umgebung aufzunehmen. „Diese Bilder stehen uns dann auch bereits für 3-D-Auswertungen und Visualisierungen zur Verfügung“, so der Grazer Mathematiker.

Suche nach Meteoriteneinschlägen

Mit dem Geochemiker Christian Köberl gehört auch dem Wissenschaftsteam der Mission ein Österreicher der Mission an. Er will mit den scharfen Bildern der „Mastcam-Z"-Kameras nach Spuren von Meteoriten-Einschlägen auf dem Mars suchen.

„Perseverance“ soll ja im rund 50 Kilometer großen Jezero-Krater auf der nördlichen Halbkugel des Planeten landen, der durch einen Meteoriteneinschlag entstanden ist und wo sich einst ein See befunden haben dürfte. „Mein Ansatz war, mit der hochauflösenden Kamera, die viel bessere, schärfere Bilder liefert als bisher, in den Kratergesteinen nach typischen Deformierungen zu suchen, die für Impakte charakteristisch sind“, so der Professor für Planetare Geologie und Impaktforschung an der Universität Wien. Ein Beispiel dafür sind sogenannte „Shatter Cones“. Solche Strahlenkegel kennt man gut von Einschlagskratern auf der Erde, aber auf dem Mars seien sie bisher noch nie gefunden worden.

Der Wissenschaftler interessiert sich zudem für das Vorkommen von Meteoriten auf der Marsoberfläche. Von den bisherigen Marsrovern seien bereits einige Eisenmeteorite gefunden worden – was für Köberl aus mehreren Gründen spannend ist: „Sie zeigen an der Oberfläche Vertiefungen, die wir als Regmaglypten bezeichnen, und auf der Erde als Zeichen dafür interpretiert werden, dass sie auf ihrem Weg durch die Atmosphäre angeschmolzen wurden.“ Doch die Marsatmosphäre sei um fast einen Faktor 1.000 dünner als jene der Erde und es sei erstaunlich, solche Deformationen auch auf dem Mars zu finden.