Lippizaner im Schnee
LBI Archpro – Rene_van_Bakel
LBI Archpro – Rene_van_Bakel
Technologie

Lipizzaner werden digital

Das Lipizzanergestüt Piber in der Steiermark wird vollständig digital erfasst. In einem neuen Forschungsprojekt mit der Spanischen Hofreitschule sollen u.a. Laserscans dafür sorgen, die historischen Bauwerke und die Landschaft rund um das Gestüt digital zu bewahren und breit zugänglich zu machen.

Zudem sind eine Neugestaltung des Museums und der Ausstellungsräume im Schloss Piber sowie Sonderausstellungen geplant.

Von Stonehenge in die Steiermark

Das Ludwig Boltzmann Institut für Archäologische Prospektion und Virtuelle Archäologie (LBI ArchPro) hat in den vergangenen Jahren immer wieder für spektakuläre Entdeckungen und Rekonstruktionen gesorgt. Mit Technologien wie Bodenradar oder Scannern aus der Luft und am Boden widmet es sich der zerstörungsfreien Auffindung, Dokumentation und Visualisierung archäologischer Funde.

Forscherinnen und Forscher können damit das Gelände und im Boden verborgene archäologische Strukturen mit hoher Genauigkeit erfassen und rekonstruieren. Das Institut hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen bei der digitalen Dokumentation ganzer archäologischer Fundstellen und Weltkulturerbe-Landschaften gemacht, etwa für Stonehenge, die Pyramiden von Gizeh oder die Wikingerstadt Birka.

Ungestörtes archäologisches Fundgebiet

Nun widmet sich das Institut in einem neuen Projekt dem Gestüt Piber, dessen Wissen um die Zucht der weltbekannten weißen Hengste in die Liste des immateriellen Kulturerbes ebenso aufgenommen wurde, wie die Tradition der Klassischen Reitkunst der Spanischen Hofreitschule. „Das Gestüt ist mit seiner romanischen Kirche, dem Schloss Piber mit seinen Stallungen, der Reithalle und seinen Außenhöfen und Sommeralmen nicht nur eine bedeutende historische Landschaft, sondern auch ein über Jahrhunderte ungestörtes archäologisches Fundgebiet“, erklärte der Institutsleiter Wolfgang Neubauer gegenüber der APA. Bereits seit Mitte November untersucht er mit seinem Team mit modernsten Technologien das Gebäudeensemble und die umliegende Landschaft mit dem Ziel, diese in den virtuellen Raum zu transformieren.

Drohne fliegt
LBI Archpro

So wurden mit einer Drohne der Waldviertler Firma Riegl, die einen Laserscanner und eine Kamera trägt, weite Teile des Gestüts digital vermessen. Zudem wurde mit einem terrestrischen Laserscanner die gesamte Pfarrkirche St. Andreas innen und außen dokumentiert. Auf den Freiflächen rund um die Kirche kam Bodenradar zum Einsatz, um Bestattungen in der unmittelbaren Nähe des Gebäudes zu lokalisieren.

Die Weideflächen des Gestüts werden mit magnetischen Prospektionsmethoden untersucht, die es ermöglichen, ohne Ausgrabung einstige Gruben, Gräben, Pfostenlöcher, Mauern, Feuerstellen und Öfen im Boden zu orten. Die Arbeiten sollen bis April abgeschlossen sein. „Wir bewahren und sichern damit den Zugang zu diesem außergewöhnlichen Kulturerbe auch für die zukünftigen Generationen“, wird die Geschäftsführerin der Spanischen Hofreitschule, Sonja Klima in einer Aussendung zitiert.

Auch Winterreitschule in Wiener Hofburg wird digitalisiert

Weil der Brand der Hofburg 1992 gezeigt habe, wie rasch jahrhundertealte Bauwerke unwiederbringlich zerstört werden können, soll im Zuge des Projekts auch der einzigartige Dachstuhl der Winterreitschule in der Hofburg, der damals nur knapp das Feuer überstanden hat, vollständig digitalisiert werden.

Die digitale Dokumentation soll auch in das Vermittlungskonzept des Museums einfließen, wo künftig etwa 3-D-Modelle des Geländes sowie der Hofreitschule in Wien zu sehen sein werden. Auch eine Virtual Reality-App über das gesamte Gelände sei geplant und in der Folge werde man sich online virtuell einen Eindruck vom Lipizzanergestüt verschaffen können. „All das soll die Attraktivität von Piber steigern“, so Neubauer.

Das Team des Boltzmann-Instituts wird in enger Zusammenarbeit mit der Hofreitschule und der Gestütsleitung auch ein Konzept für die Neugestaltung des bestehenden Museums und der Ausstellungsräumlichkeiten im Schloss Piber ausarbeiten. Für die nächsten fünf Jahre planen die Projektpartner jährlich eine große Sonderausstellung zu den historischen Reitervölkern wie den Skythen, Hunnen, Awaren, Magyaren und Mongolen.

Seit 1920 in Piber

„Wir wollen in Piber die goldenen Pferdedarstellungen der prähistorischen Skythen, das goldene Zaumzeug der Hunnen, die Gürtelgarnituren der Awaren und Magyaren und die Prunksättel der Mongolen den historischen Exponaten in der geplanten Dauerausstellung im Museum, der Geschirrkammer im Schloss und in der Alten Schmiede gegenüberstellen“, so Neubauer.

Im Gestüt Piber werden seit 100 Jahren die Lipizzaner, die älteste Kulturpferderasse Europas, gezüchtet. Davor kamen diese Pferde seit 1580 aus einem Hofgestüt in der Nähe des Dorfes Lipica im heutigen Slowenien. Das Barockschloss Piber wurde von 1696 bis 1716 ursprünglich von den Benediktinern als Abtei errichtet. 1796 wurde es säkularisiert und unter militärische Verwaltung gestellt, wenig später mit der Zucht von Armeepferden begonnen. Mit dem Ersten Weltkrieg endete die österreichische Pferdezucht am Hofgestüt in Lipica. Über Umwege kamen 97 Pferde, die damals Österreich zugesprochen wurden, 1920 nach Piber.