Erde aus dem All
NASA
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Erdmagnetfeld

Polwanderung veränderte das Weltklima

Beginnen die Pole der Erde zu wandern, wird das Erdmagnetfeld schwächer – es bekommt gewissermaßen Löcher. Das passierte auch vor 42.000 Jahren. Welche Folgen dieses Ereignis für Klima und Leben auf der Erde hatte, untersucht eine neue Studie und zwar anhand konservierter Bäume, die zum Klimaarchiv wurden.

Etwa alle 250.000 Jahre kommt es zu einer grundlegenden Veränderung auf unserem Planeten: Das Magnetfeld kehrt sich um und die Pole springen. Der Nord- wird zum Südpol und umgekehrt. Das ist nicht die einzige Veränderung, der das Magnetfeld unterliegt: Es kann auch zu sogenannten Exkursionen kommen, dabei wandern die Pole, kehren dann aber doch wieder in ihre Ausgangsposition zurück.

Genau das passierte vor 42.000 Jahren beim sogenannten Laschamps-Ereignis. Veränderungen in der Atmosphäre zu dieser Zeit konnten bereits anhand isländischer Eisbohrkerne gezeigt werden. Jetzt ergänzt das internationale Forscherteam dieses Bild mit ihrer Studie zu neuseeländischen Kauri-Bäumen, die im Fachjournal „Science“ erschienen ist.

Bäume als Klimaarchive

Als der Nordpol vor 42.000 Jahren Richtung Südpol wanderte, wurde das Magnetfeld der Erde sehr schwach. Am Ende dieses rund 500 Jahre andauernden Prozesses lag die Feldstärke unterhalb von 28 Prozent des heutigen Wertes, um sich danach im Laufe von rund 250 Jahren wieder umzukehren. Diese genaue zeitliche Einordnung mache jetzt die Verknüpfung verschiedener Datensätze, schreiben die Studienautoren.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 19.2. um 13:55

Zum einen nutzten die Forschenden Ergebnisse über das Erdmagnetfeld aus Sedimentbohrkernen des Schwarzen Meeres, die über zeitgleich dokumentierte Klimavariation mit grönländischen Eisbohrkernen abgeglichen wurden. Die genaue Analyse und Datierung wurde aber erst durch einen subfossilen Kauri-Baum möglich. Der war zur Zeit des Laschamps-Ereignisses für rund 1.700 Jahre in einem neuseeländischen Sumpf gewachsen und dort anschließend sehr gut konserviert worden. Zur Zeit der Polwanderung speicherte er Veränderungen in der Atmosphäre gewissermaßen ab.

Vergleich macht Datierung möglich

Wird das Erdmagnetfeld schwächer, verliert die Erde auch sukzessiv ihren Schutzschild vor kosmischer Strahlung. Das spiegelt sich in erhöhten Anteilen des radioaktiven Kohlenstoff-Isotops Kohlenstoff 14 in der Atmosphäre und schließlich auch in den Bäumen dieser Zeit wider. Denn beim Bombardement von Stickstoff durch hochenergetische, elektrisch geladene kosmische Partikel, die dann vermehrt in die Atmosphäre gelangen, wird C14 verstärkt gebildet.

Diese Erkenntnisse verbessern einerseits die Kalibrierungskurve für Radiokarbondatierung und erlauben damit eine genauere Datierung verschiedenster Klimaarchive und Fossilien, heißt es von den Forschenden. Sie lassen aber auch einen direkten Vergleich zu den Eisbohrkernen aus anderen Weltregionen zu: In Grönland wurden etwa in Eisbohrkernen Beryllium-Isotope gemessen, die ähnliche Schwankungen wie das C14 in den Bäumen aufweisen und ebenfalls von der Intensität der kosmischen Strahlung abhängen.

Ozonschicht wurde weggebrutzelt

Um weitere Auswirkungen des schwachen Erdmagnetfeldes auf die Atmosphäre und damit auch auf das globale Klima zu untersuchen, führten die Forschenden Simulationen der Atmosphärenchemie durch. Dabei stellten sie unter anderem einen Rückgang des Ozons fest – die Ozonschicht wurde löchrig und schrumpfte. Ungefilterte Strahlung aus dem Weltraum zerriss Luftpartikel in der Erdatmosphäre, trennte Elektronen ab und emittierte Licht. Diese ionisierte Luft brutzelte die Ozonschicht weg, heißt es in einer Presseaussendung zur Studie. In Folge dürften überall auf dem Globus Polarlichter aufgetaucht sein, nicht nur rund um den geographischen Nord- und Südpol wie heute.

Spekulationen über Folgen für Flora, Fauna oder sogar die Verbreitung des Neandertalers scheinen die Studienautorinnen und -autoren allerdings zu spalten: Der Hypothese, dass das Laschamps-Ereignis zur Verdrängung des Neandertalers durch den Homo Sapiens beigetragen habe, wollen sich nicht alle anschließen. Dazu gebe es keine ausreichenden Daten, argumentieren etwa Forschende des Alfred-Wegener-Instituts, die an der Studie beteiligt waren.

Umpolung könnte bevorstehen

Erkenntnisse, die auch für die Zukunft wichtig sein könnten, denn das es wieder zu einer Polumkehrung kommen werde, gilt als sicher. Das Erdmagnetfeld schwächelt bereits seit rund 2.000 Jahren wieder. Verglichen mit den ersten direkten Messungen vor 170 Jahren wurde eine Abschwächung um neun Prozent festgestellt, im Bereich des Südatlantiks sogar um dreißig Prozent. Ein schwächeres Magnetfeld und höhere kosmische Strahlung könnten in der heutigen hochtechnisierten Welt verheerend sein, Stromnetze zusammenbrechen lassen sowie Radio- und Funkübertragungen stören.