Den Begriff selbst kann man mit „wissend“, „klug“ oder „eingeweiht“ übersetzen. Die Sprache wird von der Volksgruppe der Jenischen bis heute gesprochen und beeindruckt durch ihren Wortschatz.
Kohldampf, Walz oder Schund: In unserer Standardsprache gibt es einige Wörter, die aus dem Jenischen stammen. In der Linguistik wird das Jenische als Sondersprache klassifiziert, als eine Sprache, die nur von einer Gruppe gesprochen wird, als Berufs- oder Geheimsprache dient.
Das Jenische als eigenständige Sprache
Dem widerspricht jedoch die Sprachwissenschaftlerin Heidi Schleich: „Ich glaube, dass diese Sprache mehr tut als nur für gewisse Arbeitsbereiche oder zur Geheimhaltung zu dienen.“ Die Sprache habe auch eine soziale Funktion und verbinde die Kultur der Jenischen miteinander.
Das Jenische sei eine Alltagssprache, eine Sprache, die von Menschen, die in jenischer Tradition leben, alltäglich gesprochen wird, argumentiert Schleich. Darüber hinaus fungiert das Jenische als Muttersprache. „Das heißt es gibt Familien, die so in ihrem Alltag miteinander reden.“ Und die Jenischen selbst betrachten das Jenische als ihre Sprache. Genug Gründe, um das Jenische als selbstständige Sprache zu sehen, findet Schleich.
Kreativer Wortschatz
Das Besondere am Jenischen sei der Wortschatz, sagt die Sprachwissenschafterin, die für ihr Buch „Das Jenische in Tirol“ viele jenische Wörter gesammelt hat. Als Basis nutzt das Jenische das jeweils regionale Idiom. „Wenn Schweizer Jenische miteinander sprechen, dann klingt das für mich als Außenstehende an der Oberfläche so, als würden sie im Schweizerdeutsch miteinander sprechen.“ Die Sprachstruktur und die Funktionswörter werden übernommen, Inhaltswörter jedoch auf vielfältige Art und Weise neu geschaffen.
Eine Art der Neuschöpfung passiert durch Suffixe, erklärt Schleich. „Viel verwenden sie zum Beispiel das Suffix -ling oder -ing. Also z.B. der Igel hat Stacheln und dann wird der Igel Stachlinger genannt.“ Das jenische Wort „pflanzen“ wird mit „machen“ übersetzt und ebenso als Halbsuffix verwendet. So wird aus dem Schottele, was Korb bedeutet, der Schottelepflanzer, der Korbmacher.
Lebensweise fließt in Sprache ein
Die Jenischen wurde in Österreich lange Zeit diskriminiert. Grund dafür war ihre fahrende Lebensweise. Diese bildet sich auch in der Sprache ab. So wurden auch fremdsprachige Wörter in das Jenische aufgenommen. Es boten sich Sprachen an, mit denen jenische Menschen in Kontakt waren. Das Jenische im Tiroler Raum habe auch Wurzeln im Romanes, im Französischen oder im Jiddischen, sagt Schleich. „Zum Beispiel das jenische Wort Maro (Brot, Anm.) und das kommt im Romanes sehr ähnlich vor: máro.“
Heidi Schleich setzt sich schon lange für die Anerkennung der Jenischen in Österreich ein. Im aktuellen Regierungsprogramm ist zumindest die Prüfung solch einer Anerkennung vorgesehen. Für das Jenische als Sprache würde sich dadurch nicht viel ändern, denkt Schleich. „Doch es wäre eine wichtige Geste, um dieser Volksgruppe endlich den nötigen Respekt zu zollen.“