Faktencheck

Impfung in Israel zeigt Wirkung

In Israel ist bereits ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung gegen das Coronavirus geimpft worden. Das bringe aber nichts, heißt es nun in einem oft geteilten Facebook-Posting – die Todesfallrate (CFR) sei nicht zurückgegangen. Ein Faktencheck zeigt: Die Todesrate ist tatsächlich konstant, das hat aber nichts mit den Impfungen zu tun.

Die im Facebook-Posting gezeigte Grafik stammt von „Our World in Data“. Der Zeitraum wurde von 13. Jänner bis 13. Februar 2021 eingestellt. Tatsächlich ist hier ersichtlich, dass die Case fatality rate (CFR) konstant bei etwas über 0,7 liegt.

Die CFR ist der Fall-Verstorbenen-Anteil. Die Zahl der bestätigten Toten wird dabei durch die Zahl aller bestätigten Fälle dividiert. Er zeigt so an, wie viele Todesfälle unter allen positiv Getesteten zu verzeichnen sind. Dieser Wert ist prinzipiell mit Vorsicht zu genießen. Laut „Our World in Data“ spiegelt er nicht das Risiko an einer Covid-19-Infektion zu sterben, wider. Das hat mehrere Gründe: Zum einen schließt er etwa nur bekannte Coronavirus-Fälle mit ein, nicht aber unentdeckte. Zudem darf die Rate nicht als Konstante verstanden werden, da sie abhängig ist von Faktoren wie Zeitpunkt, Ort, Bevölkerung, Kontext und die Anzahl der durchgeführten Covid-19-Tests.

Junge Bevölkerung, geringere Todesrate

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird die Tödlichkeit eines Ausbruchs anhand einer zuverlässigen CFR normalerweise erst am Ende ermittelt, nachdem alle Fälle geklärt wurden. Es ist also denkbar ungünstig, einen ohnehin derzeit wenig aussagekräftigen Wert als Beleg für die fehlende Wirksamkeit der Coronavirus-Impfung heranzuziehen.

Wie Eva Schernhammer, Professorin für Epidemiologie an der Medizinischen Universität Wien, sagte, habe Israel bereits Mitte 2020 eine der niedrigsten CFRs weltweit gehabt. Dass sich die CFR jetzt kaum geändert habe, könne verschiedene Gründe haben: Einerseits sei die CFR bei Corona extrem vom Alter abhängig. Das Durchschnittsalter (Median) sei in Israel mit 30 Jahren deutlich geringer als beispielsweise in Österreich oder den USA. „Alleine dieser gravierende Unterschied in der Bevölkerungsstruktur kann erklären, warum die Case fatality rate immer schon relativ niedrig war in Israel und sich jetzt kaum ändert, weil es weiterhin vorwiegend junge Menschen sind, die diagnostiziert werden“, erklärt Schernhammer.

Viele Tests, besserer Altenheimschutz

Eine durchschnittliche CFR von 0,7 könne aber auch auf eine hohe Teststrategie hinweisen, bei der viele asymptomatische Fälle erkannt werden. „Das viele Testen und das durchschnittliche jugendliche Alter der Israeli, sowie ein offensichtlich geglückter Schutz der Altenheime, hat hier wahrscheinlich den meisten Beitrag geliefert, und davon hat sich nichts verändert durchs Impfen“, resümiert die Epidemiologin.

Daten von „Our World in Data“ zeigen, dass die CFR in Israel tatsächlich seit Mitte Juli 2020 relativ konstant ist. Sie schwankt zwischen 0,6 und 0,9. In Österreich war sie zu fast allen Zeitpunkten deutlich höher.

Studien beweisen Impfstoff-Wirksamkeit

Israel begann am 19. Dezember 2020 mit der Coronavirus-Impfung. Zuerst wurde medizinisches Personal und über 60-Jährige geimpft. Bis 24. Februar 2021 erhielten laut dem Online-Portal „Science and technology in Israel“ 4.584.474 Menschen zumindest eine Impfdosis. Das entspricht etwa der Hälfte der israelischen Bevölkerung.

Dass die Impfung sehr wohl gewünschte Resultate zeigt, das zeigen mittlerweile mehrere Untersuchungen. Die Anzahl der Infektionen blieb zuletzt laut WHO zwar recht hoch, das lag aber unter anderem daran, dass sich viele Jüngere ansteckten. Auch die Virus-Varianten dürften eine Rolle spielen.

Die Infektionen und Todesfälle in der Gruppe der Geimpften sanken jedoch stark. Wie die „The Times of Israel“ bereits am 11. Februar 2021 berichtete, wurden von einer halben Million Menschen, die beide Dosen bekommen hatten, nur 0,1 Prozent nachweislich mit dem Covonavirus diagnostiziert. Nur vier schlimme Fälle habe es gegeben und niemand sei gestorben.

92 Prozent weniger schwere Verläufe

Nach Angaben der israelischen Krankenkasse Clalit gab es in der Gruppe der zweimal Geimpften 94 Prozent weniger symptomatische Infektionen, als in einer Kontrollgruppe ohne Geimpfte. Bei denjenigen, die sich trotz Impfung infizierten, habe es 92 Prozent weniger schwere Verläufe gegeben.

Einem Preprint-Artikel von „MedRxiv“ zufolge, der am 9. Februar 2021 veröffentlicht wurde, begann Mitte Jänner die Zahl der Covid-19-Fälle und der Coronavirus-bedingten Krankenhausaufenthalte zu sinken, wobei der Rückgang bei älteren Personen stärker und früher gewesen sei. Der Trend sei zudem in Städten, in denen früher geimpft wurde, deutlicher zu sehen gewesen. Diese Dynamik sei beim früheren Lockdown nicht beobachtet worden. Die positiven Effekte seien zu einem erheblichen Teil auf die Impfung zurückzuführen: "Unsere Analyse zeigt Beweise für die tatsächliche Wirksamkeit der nationalen Impfkampagne in Israel in Bezug auf die Dynamik der Pandemie“.

Studien in renommierten Zeitschriften

Eine aktuelle Studie, die am 18. Februar 2021 in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurde, stellte eine frühzeitige Verringerung der SARS-CoV-2-Infektionen sowie der Covid-19-Raten bei geimpftem Krankenhauspersonal fest. Von 9.109 untersuchten Personen seien 170 infiziert worden, von denen 99 Symptome bekamen. Von den 170 Infizierten waren demnach 52 Prozent ungeimpft, 46 Prozent hatten eine erste Impf-Dosis erhalten und nur zwei Prozent hatten beide erforderlichen Dosen erhalten. „Unsere Daten zeigen eine erhebliche frühzeitige Verringerung der SARS-CoV-2-Infektionen und symptomatischen Covid-19-Raten nach der ersten Verabreichung der Impfstoffdosis“, heißt es in dem wissenschaftlichen Artikel.

Die aktuellste Studie zu Israel wurde am 24. Februar 2021 in der angesehenen medizinischen Fachzeitschrift „The New England Journal of Medicine“ veröffentlicht. Sie kam zu dem Schluss, dass die Wirksamkeit des mRNA-Impfstoffs BNT162b2 von BioNTech/Pfizer in einer nicht kontrollierten Umgebung ähnlich ist wie im Vorfeld angekündigt. Die geschätzte Wirksamkeit lag demnach ab sieben Tage nach der zweiten Impfdosis bei 92 Prozent für dokumentierte Infektionen, bei 94 Prozent für symptomatisches Covid-19, bei 87 Prozent für coronabedingte-Krankenhausaufenthalte und bei 92 Prozent für schwere Verläufe.