Zwei Frauen sprechen miteinander, gestikulieren
Farknot Architect – stock.adobe.com
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Studie

Gespräche dauern oft zu lange

Die meisten Menschen reden gerne mit anderen. Allerdings fällt es vielen schwer, Gespräche im richtigen Moment wieder zu beenden – das ergab zumindest eine aktuelle Studie.

Im vergangenen Jahr hatten die allermeisten äußerst wenige persönliche Begegnungen. Viele Menschen leiden darunter, denn Kommunikation und soziales Vernetzen sind menschliche Grundbedürfnisse. Zumindest eine Herausforderung blieb vielen dabei erspart: ein Gespräch zu beenden.

Ob bei einem Party-Smalltalk oder einem Gespräch mit einem guten Freund: Wir tun uns schwer, ein Ende zu finden, und tappen beim Versuch, den richtigen Moment für den Ausstieg zu finden, oft im Dunkeln. Das ist das Ergebnis einer soeben veröffentlichten Studie von US-amerikanischen Psychologen der Harvard University unter Beteiligung von Forschern der University of Pennsylvania und der University of Virginia, geleitet wurde sie von Adam M. Mastroianni vom Department für Psychologie der Harvard-Universität.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in „Wissen aktuell“ am 2.3. um 13.55.

Die Wissenschaftler befragten dafür 806 US-amerikanische Teilnehmerinnen und Teilnehmer online zu ihrem letzten persönlichen Gespräch, das eine bis 45 Minuten gedauert hatte. Die meisten berichteten von Gesprächen am aktuellen Tag oder dem Vortag, und zwar mit guten Bekannten, Freunden oder Familienmitgliedern. Gefragt wurde nach den eigenen Wünschen, das Gespräch zu beenden, und auch nach der Einschätzung, wann das Gegenüber das Gespräch hätte beenden wollen. In einer zweiten Studie brachten die Forscher 252 Probanden mit einer fremden Person zu einem Gespräch zusammen und befragten sie im Anschluss ebenfalls.

Ende oft unbefriedigend

Das Ergebnis: Wenn einander zwei Menschen persönlich begegnen und miteinander sprechen, so endet dieses Gespräch in den meisten Fällen unpassend, nämlich zu einem Zeitpunkt, an dem weder die eine noch die andere Person es eigentlich beenden wollte. Meist endet es erst deutlich später. So gut wie nie komme es vor, dass beide das Gespräch exakt zu dem Zeitpunkt beenden wollten, an dem es tatsächlich aufhörte. Die zeitliche Diskrepanz zwischen dem Gesprächsende und dem eigentlich erwünschten Ende betrug oftmals sogar die Hälfte der Gesprächszeit.

Gespräche zu beenden sei deshalb so schwierig, weil der Gesprächspartner meist ebenso höflich ist wie man selbst – und keine Signale gibt, ob er das Gespräch gerne beenden möchte. Das ist jedenfalls die Mutmaßung der US-Forscher. Das führe dazu, dass man vor ein Koordinationsproblem gestellt wird: Wir wissen nicht, wann unser Partner oder unsere Partnerin das Gespräch beenden möchte. Meist unterschätzt man aber auch, wie anders das Gegenüber „tickt“ und wie unterschiedlich daher auch die gewünschte Dauer der Kommunikation ist.

Unterschiedliche Vorstellungen

Manchmal liege darin auch die Ursache für ein sehr schnelles Ende, so die Forscher: Der eine beendet es in der Annahme, sein Gesprächspartner habe bereits genug, doch er hätte noch weitaus länger kommuniziert, wenn er oder sie gewusst hätte, dass auch sein oder ihr Gegenüber ein äußerst gesprächiger Mensch ist.

Eine Annahme hat sich für die Wissenschaftler mit dieser Studie wieder einmal bestätigt: In den seltensten Fällen wollen zwei Menschen das Gleiche, gehen also mit der gleichen Einstellung und den gleichen Zielen in ein Gespräch. Das könnte darin begründet sein, dass das Gegenüber großteils ein Geheimnis bleibt, dem man sich nur über fortdauernde Kommunikation ein wenig annähern kann.