Als der Impfstoff von AstraZeneca vor einigen Wochen von der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA für alle ab 18 zugelassen wurde, gab es nur wenige Daten, wonach der Impfstoff auch bei älteren Menschen schwere COVID-19-Verläufe verhindert. Aus diesem Grund hat man den Impfstoff für Menschen über 65 vorerst nicht empfohlen, erklärt die Leiterin des nationalen Impfgremiums Ursula Wiedermann-Schmidt. „Das sieht das nationale Impfgremium auch als seine Aufgabe, dass man sagt, wie bestimmte Impfstoffe, die prinzipiell die Zulassung haben, bestmöglich eingesetzt werden sollen. Und das war eben die Überlegung: Hier sollte vielleicht – weil es sich um einen neuen Impfstoff handelt – die Datenlage noch geschärft werden.“
Studien stimmen zuversichtlich
Das scheint nun unter anderem eine umfangreiche Studie aus Schottland zu tun: Demnach verhindert der Impfstoff von AstraZeneca ähnlich wie der Impfstoff von Biontech/Pfizer bei einem Großteil der bereits Geimpften schon vier Wochen nach der ersten Dosis, dass Menschen wegen ihrer COVID-19-Erkrankung ins Spital müssen. Und das auch bei jenen älter als 65 Jahre. Das Ergebnis beurteilt auch Wiedermann-Schmidt positiv: „Das lässt uns eigentlich schon sehr zuversichtlich sein, dass es ein Impfstoff ist, der auch bei den älteren gut wirkt.“ Vor allem stammen die Daten nicht aus einer speziell ausgewählten Teilnehmergruppe, sondern von gut einer halben Million geimpfter Schottinnen und Schotten. „So genannte Real-World Daten stammen aus der breiten Bevölkerung und bilden wesentlich besser die Realität ab.“
Ähnlich wie die schottische Studie zeigt auch eine Studie aus England, dass der Impfstoff von AstraZeneca wie auch jener von Biontech/Pfizer bei Menschen über 70 nach der ersten Dosis gut vor COVID-19-Symptomen und schweren Erkrankungen schützen.
„Wollen Publikation abwarten“
Allerdings: Wie viele Studien in der Coronakrise sind auch die Untersuchungen aus Schottland und England online gestellt worden, bevor andere Forscher die Daten begutachtet haben. Sogenannte Vorveröffentlichungen (Preprints) reichen formal für eine Änderung der Impf-Empfehlung nicht, erklärt Wiedermann Schmidt. „Üblicherweise werden Änderungen in den Empfehlungen immer anhand von publizierten Daten gegeben. Und daher haben wir gesagt, bevor wir diese bestehende Empfehlung ändern, wollen wir noch die Publikation abwarten.“
Ändern wird sich an den positiven Daten sowie an der grundsätzlichen Schlussfolgerung der Studien wahrscheinlich nichts, trotzdem will das Gremium auf das offizielle Okay warten und die Studie in einem wissenschaftlichen Fachjournal veröffentlicht wird.
Grundsätzlich können aber auch jetzt schon Menschen über 65 mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft werden, betont die Infektiologin. „Wenn es zu logistischen Problemen in der Impfanwendung mit dem mRNA-Impfstoff kommen sollte, dann spricht absolut nichts dagegen, auch den AstraZeneca Impfstoff auch bei Menschen über 65 Jahren einzusetzen.“ Falsch wäre es in der aktuellen Situation, jemanden nicht zu impfen. Das sollte man verhindern, so Wiedermann-Schmidt.