Insgesamt analysierten die Forscher aus den USA 900.000 Krankenhausaufenthalte. Fast ein Drittel dieser Covid-19-Patienten im Spital war krankhaft fettleibig (30 Prozent), etwas weniger hatten Bluthochdruck (26 Prozent) gefolgt von Diabetes (21 Prozent) und Herzinsuffizienz (zwölf Prozent). Zusammengerechnet hatten zwei Drittel aller Patienten in der Studie mindestens eine dieser Vorerkrankungen, wie wir bereits auf science.ORF.at berichtet haben.
Ähnliches Bild am AKH in Wien
Ein ähnliches Verhältnis beobachtet auch der Intensivmediziner Thomas Staudinger am AKH in Wien. „Die Patienten mit einem schweren Lungenversagen, die wir sehen, sind solche mit eigentlich relativ harmlosen Vorerkrankungen wie z. B. Bluthochdruck oder Übergewicht. Diabetes, das ist bekannt, hat einen Einfluss aufs Immunsystem – das ist aber zumindest in unserem Patientengut gar nicht so der große Anteil.“ Kaum gibt es am Wiener AKH Covid-Patienten mit einer Herzinsuffizienz.
Warum Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Diabetes und Herzinsuffizienz einen schweren Verlauf begünstigen, ist noch völlig unklar, so Staudinger. „Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Dinge wie Bluthochdruck und Übergewicht interferieren möglicherweise mit dem Immunsystem, aber sie schränken die Patienten im Alltag kaum ein in ihrer Lebensführung. Sie sind in dem Sinn nicht wirklich chronisch krank.“
Ein Drittel ohne Vorerkrankungen
Ebenso unklar ist, warum ca. ein Viertel bis ein Drittel ohne Vorerkrankungen – also völlig gesunde Menschen – wegen Covid-19 im Spital behandelt werden müssen. Dieser Anteil ist in der US-Studie vergleichbar mit der Situation auf der Wiener Intensivstation. Mediziner gehen aktuell davon aus, dass das Immunsystem dieser Patienten aufgrund einer genetischen Veranlagung überschießend auf eine Coronavirus-Infektion reagiert. „Aber woran das ganz genau liegt, wissen wir eigentlich nicht.“
Unabhängig von den Vorerkrankungen bestimmt aber vor allem das Alter, wie schwer man an einer Infektion erkrankt und wie gut die Überlebenschancen sind, so Staudinger.
Spital Zams: Drei Viertel mit Bluthochdruck
Während sich im AKH Wien eher ein klassisches Bild auf den Covid-Stationen zeigt, ist es im Krankenhaus in Zams in Tirol ein wenig anders. Zwar sind auch hier viele Intensivpatienten älter – Vorerkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes sind aber wesentlich häufiger – vor allem mit der zweiten Welle im November. Hatten bei den Intensivpatienten im Frühjahr 2020 42 Prozent Bluthochdruck, waren es im Zeitraum November bis Jänner 72 Prozent. „Diabetes hatten in der ersten Phase wiederum 13 Prozent und in der zweiten 38 Prozent – also dreimal so viel“, erklärte der Intensivmediziner Walter Hasibeder vom Spital Zams. Übergewicht hingegen spielt hier kaum eine Rolle. „Das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, dass im Tiroler Oberland die Leute extrem aktiv sind. Die gehen im Winter Ski fahren – auch die älteren Herrschaften, die wir betreuen. Im Sommer gehen sie auf den Berg. Das ist eine völlig andere Art von Bevölkerungsstruktur.“
Eine österreichweite Datenbank, die angibt, welche Patienten wie lange und womit auf den Intensivstationen behandelt werden, gibt es noch nicht. Das wäre aber dringend notwendig, so Hasibeder, Präsident der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin. „Man darf eines nicht vergessen, die Intensivmedizin ist etwas Teures. Nachdem wir das alle selber zahlen, denke ich, kann man verlangen, dass solche Daten vorhanden sind, sodass man vielleicht Vergleiche anstellen kann und von Stationen, wo es sehr gut läuft, lernen kann.“ Hasibeder zufolge gibt es für eine solche Intensivmedizindatenbank nun grünes Licht aus dem Gesundheitsministerium.