50-Euro-Schein
APA/dpa/Arne Dedert
APA/dpa/Arne Dedert
Modell

Schwarzgeldströme verhalten sich wie Schwerkraft

Die weltweiten Transaktionen beim Weißwaschen von Schwarzgeld könnten mit einem relativ einfachen physikalischen Modell nachvollzogen werden. Mit ihm wird auch die Schwerkraft beschrieben, wie Wiener Forscherinnen und Forscher berichten.

Sie schätzen in einer Studie, die soeben im Fachjournal „Scientific Reports“ veröffentlichte wurde, das Gesamtvolumen an Schwarzgeld weltweit konservativ auf 2,3 Billionen US-Dollar im Jahr.

Inspiriert von der Physik

Michael Getzner, der am Institut für Raumplanung der Technischen Universität (TU) Wien den Forschungsbereich Finanzwissenschaft und Infrastrukturpolitik leitet, und die österreichische Professorin für Finanzwissenschaft an der Universität Utrecht, Brigitte Unger, eine Expertin für die Ökonomie der Geldwäsche, hatten die Möglichkeit, Daten der niederländischen Steuerbehörden über Geldwäscheverdachtsfälle zu analysieren. „Auf Basis dieser Daten wurde ein statistisches Modell entwickelt, das beschreibt, von welchen Parametern die Schwarzgeld-Flüsse abhängen“, erklärte Getzner in einer Aussendung der TU.

Die Forscherinnen und Forscher haben sich dabei von der Physik inspirieren lassen: „Interessanterweise haben Geldwäscheströme einiges mit der Gravitation gemeinsam“, so Getzner. So wie die Gravitationskraft zwischen zwei Körpern mit ihrer Masse wächst und mit dem Quadrat ihrer Entfernung abnimmt, würden sich auch die Ströme von Schwarzgeld ähnlich verhalten: Je größer eine Volkswirtschaft, umso größer die Geldströme, und das Volumen von Schwarzgeldtransaktionen nehme ungefähr mit dem Quadrat des Abstands ab. Letzteres erklären die Forscher mit den für Geldwäsche notwendigen persönlichen Kontakten, direkter Kommunikation und kriminellen Netzwerken, die räumlich nahe beieinander liegen.

Österreich im Mittelfeld

Mit Berücksichtigung anderer Faktoren wie den Bemühungen eines Landes zur Umsetzung von Anti-Geldwäsche-Richtlinien, gemeinsamer Sprache oder kultureller Nähe kamen die Forscherinnen und Forscher zu einem statistischen Modell, das die aus den Niederlanden bekannten Daten gut abbildet. „Im Rahmen der in der Ökonomie üblichen Unschärfen können wir die bekannten Daten mit wenigen ausgewählten Parametern erstaunlich gut beschreiben“, so Getzner. Indem sie ihr Modell auch auf andere Staaten anwandten, gelangten sie zu einer groben Abschätzung über Geldwäsche auf der ganzen Welt.

Demnach dürfte das globale Geldwäschevolumen jährlich bei rund 2,3 Billionen US-Dollar liegen. Österreich bewegt sich diesem Modell zufolge im Mittelfeld und liegt beim Geldvolumen, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, das einen kriminellen Ursprung direkt im Land hat, knapp unter dem OECD-Durchschnitt. „Dafür wird durch Österreich etwas mehr Schwarzgeld durchgeschleust als im OECD-Durchschnitt“, so Getzner. Die Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass Behörden aus solchen statistischen Modellen Aufschlüsse über unentdeckte Transaktionen und über die Wirksamkeit von Anti-Geldwäsche-Maßnahmen bekommen können.