Birke in einem Park: Mit den Frühlingstemperaturen steigt auch die Pollenbelastung, was vielen Menschen mit Allergien zu schaffen macht.
APA/ROLAND SCHLAGER
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Coronavirus

Mehr Infektionen bei starkem Pollenflug

Starker Pollenflug kann einer Studie zufolge die Verbreitung von SARS-CoV-2 begünstigen. Gebe es viele Pollen in der Außenluft, stiegen die Infektionszahlen, berichtet ein internationales Forschungsteam.

An Orten ohne Lockdown-Regelungen stieg die Infektionsrate im Schnitt um vier Prozent, wenn sich die Anzahl der Pollen in der Luft um 100 pro Kubikmeter erhöhte, berichtet das Team unter der Leitung von Forschern der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“. In manchen deutschen Städten seien im Untersuchungszeitraum zeitweise pro Tag bis zu 500 Pollen auf einen Kubikmeter gekommen – dabei stiegen die Infektionsraten um mehr als 20 Prozent.

Die Autoren hatten Daten zu Pollenbelastung und SARS-CoV-2-Infektionsraten aus 130 Regionen in 31 Ländern auf fünf Kontinenten analysiert. Sie berücksichtigten auch demografische Faktoren und Umweltbedingungen, darunter Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Bevölkerungsdichte und die Ausprägung des Lockdowns. Die täglichen Infektionsraten korrelierten mit der Pollenzahl in Ländern mit und ohne Lockdown. Galten in den untersuchten Gebieten Lockdown-Regeln, halbierte sich die Zahl der Infektionen im Schnitt bei vergleichbarer Pollenkonzentration in der Luft.

Pollen schwächen Körperabwehr

Die Erklärung für die Beobachtung: Wenn Pollen fliegen, reagiert die Körperabwehr in abgeschwächter Form auf Viren der Atemwege. Der Körper produziere dann unter anderem weniger sogenannter antiviralen Interferone. Die Autoren der Studie geben darüber hinaus an, dass die Pollen die eigentlich heilsame Entzündungsreaktion beeinflussen, die der Körper auslöse, um Viren zu bekämpfen. Wenn viele Pollen fliegen, kann die Zahl der Atemwegserkrankungen daher ansteigen – dies gilt auch für Covid-19. Dabei spiele es keine Rolle, ob Betroffene an Allergien gegen diesen Pollen leiden oder nicht.

Betrachtet man die Verbreitung des SARS-CoV-2, müssen Umweltfaktoren wie Pollen mit in die Rechnung aufgenommen werden. „Das Wissen um diese Auswirkungen eröffnet neue Wege für die Prävention und Abmilderung von Covid-19“, sagte Erstautor Athanasios Damialis.

Masken sinnvoll

Die TUM-Umweltmedizinerin und Mitautorin Claudia Traidl-Hoffmann rät, in den nächsten Monaten Pollenflugvorhersagen zurate zu ziehen. „Staubfiltermasken zu tragen, wenn die Pollenkonzentration hoch ist, kann das Virus und den Pollen gleichermaßen von den Atemwegen fernhalten.“

Die weltweite Verbreitung von Covid-19 war den Autoren zufolge im Frühjahr 2020 mit dem ersten saisonalen Höhepunkt beim Flug von Baumpollen auf der Nordhalbkugel zusammengefallen. Unbekannt sei, ob andere Luftpartikel wie Pilzsporen oder Luftschadstoffe ebenfalls eine Rolle spielen könnten.