Abfallcontainer zur Mülltrennung
APA/GEORG HOCHMUTH
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Umweltpsychologie

Abfall vermeiden muss leichter werden

Viele Menschen seien besorgt über das Ausmaß des Plastikmülls in der Umwelt, sagt die Umweltpsychologin Sabine Pahl. Doch bei der Vermeidung brauchten sie Unterstützung: Ob Verpackungen recycelbar sind, muss sichtbarer sein. Und die Industrie braucht strengere Vorgaben.

Weltweit betrachtet landen 95 Prozent aller Plastiksackerl und Kunststoffverpackungen nach einmaligem Gebrauch auf dem Müll. Ein Drittel davon findet sich in der Umwelt wieder. Laufe alles weiter wie bisher, könnte sich die Plastikproduktion in den nächsten Jahren verdoppeln und damit auch die Menge des Abfalls weiter stark steigen. Zu diesem Schluss kamen britische Forscher in einer Studie, die vergangenes Jahr im Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde.

Obwohl das Ausmaß der Plastikverschmutzung Menschen in Ländern wie Österreich große Sorgen macht, fallen Verhaltensänderungen schwer. „Viele Studien zeigen, dass Menschen sehr besorgt sind über die Plastikverschmutzung, dass sie Plastik in der Umwelt tatsächlich als moralisches Problem wahrnehmen“, so Sabine Pahl, die seit Oktober 2020 eine Professur für Stadt- und Umweltpsychologie an der Universität Wien innehat. Das Plastikproblem sei sichtbarer als die Klimakrise oder der Artenschwund, deswegen sei auch die Besorgnis vielfach größer. Die Menschen brauchten dennoch Unterstützung beim Reduzieren des Plastikmülls.

Nachhaltige Kaufentscheidungen erleichtern

Nähe und Sichtbarkeit seien bei dieser Unterstützung wichtige Aspekte, so Pahl. Dazu gehörten Recyclingcontainer in unmittelbarer Nähe. „Sobald ich ein bisschen weiter gehen muss, sobald ein bisschen mehr Anstrengung erforderlich ist, recyclen Menschen weniger“, so Pahl. Idealerweise finden Menschen alle notwendigen Recyclingcontainer im eigenen Haus vor. „Schon ums Eck gehen zu müssen, kann zu weit sein“, sagt Pahl.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 9.3. um 13.55.

Ähnliches gelte beim Einkauf selbst, erklärt die Umweltpsychologin. Supermärkte würden oft unter Zeitdruck besucht, kaum jemand habe Zeit, sich dabei Gedanken über die Verpackungen der Produkte zu machen und ihre Recyclingfähigkeit zu hinterfragen. All das müsse sichtbarer gemacht werden, so die Umweltpsychologin. „Lange vor einem Regal zu stehen und zu überlegen, welche Verpackung bzw. welches Produkt am umweltfreundlichsten ist, das ist schlicht unrealistisch im Alltag“, so Pahl.

Kreislaufwirtschaft statt Müllberge

Es müsse also schnell ersichtlich sein, welche Verpackungen recycelt werden können, woher die Produkte stammen bzw. wie sie erzeugt wurden. Deswegen brauchte es entsprechende Regelungen für die Produzenten, sagt Pahl. Noch immer seien Verpackungsmaterialen in Umlauf, die nicht recycelt werden können. Für die Konsumentinnen und Konsumenten sei das aber nur selten erkennbar.

Auch die Forschenden hinter der „Science“-Studie fordern einen Abschied von Plastiksorten und Kunststoffgemischen, die nicht wiederverwertet werden können und den Umstieg in eine Kreislaufwirtschaft. Das chemische Recycling müsse ausgebaut werden, damit die Plastikindustrie ihre Grundbausteine zukünftig hauptsächlich aus Altplastik gewinnen kann, schreiben die Autorinnen und Autoren. Heute seien nur 21 Prozent des Altplastik rezyklierfähig, zukünftig sollte es zumindest mehr als die Hälfte sein.