Wenn die Tage länger werden und die Temperaturen steigen, zieht es die Menschen wieder vermehrt ist Freie und ins Grüne. Wie wichtig die Natur als Erholungsraum ist, hat nicht zuletzt die CoV-Pandemie deutlich vor Augen geführt. Während der Lockdowns waren städtischen Parks und nahegelegene Grünräume für viele die wichtigste Zuflucht, der Spaziergang der Höhepunkt des Tages. Wie wertvoll diese kleinen Alltagsausflüge sein können, zeigen mittlerweile eine Reihe an Studien. Der Aufenthalt in der Natur weckt nämlich nicht nur die Lebensgeister, die positiven Folgen sind auch körperlich messbar. Und Tests zeigen, dass schon eine kleine Dosis an täglicher Natur dafür ausreicht.
Mit Natur verbunden
Während diese allgemeinen Gesundheitseffekte bereits recht gut dokumentiert sind, wisse man jedoch noch nicht so genau, welche Rolle Naturgeräusche in diesem Zusammenhang spielen, schreiben die Forscherinnen und Forscher um Rachel T. Buxton von der kanadischen Carleton University in ihrer soeben in Fachmagazin „Proceedings of the National Academy Sciences“ erschienenen Studie. Es sei naheliegend, dass auch akustische Eindrücke – vermutlich in Wechselwirkung mit optischen Reizen – wichtig sind. Schon ein Blick in die Literatur- und Musikgeschichte zeige, wie inspirierend das Gezwitscher von Vögeln oder fallende Regentropfen für uns Menschen sein können. Allein durch solche Klänge fühle man sich mit der Natur verbunden.
Historisch habe man vor allem die negativen Effekte von Geräuschen – in Form von Lärm – untersucht, heißt es in der Studie: Dauerhafte akustische Überreizung führt zu Erschöpfung und begünstigt die Entstehung von Krankheiten. Auf diese Weise erhalten die oftmals als angenehm und erholsam empfundenen Naturgeräusche eine neue Bedeutung. Allerdings verändere sich durch menschengemachten Lärm auch der Klang der Natur selbst, weswegen man heute zumindest mancherorts auf eine möglichst natürliche Akustik und Lärmschutz achtet, als Beispiel nennen die Studienautoren US-Nationalparks.
Heilsame Klänge
Buxton und Co. haben nun die noch spärliche wissenschaftliche Literatur zum Thema analysiert und 18 Arbeiten in einer Metaanalyse neu ausgewertet. Die meisten dieser nur aus elf westlichen Ländern stammenden Studien wurden im Labor durchgeführt. Darin wurde unter anderem untersucht, wie sich Naturklänge körperlich auswirken, z.B. auf den Herzschlag, den Blutdruck, auf Schmerzen, die Hautleitfähigkeit und Stresshormone. Eine Reihe an Untersuchungen widmet sich auch der Psyche und der kognitiven Leistungsfähigkeit.
Die Neuauswertung ergab sowohl körperliche wie auch psychische Effekte. Besonders deutlich zeigten sich diese, wenn Naturgeräusche mit Lärm verglichen wurde. Interessanterweise unterschied sich die Wirkung der verschiedenen Klänge. Wassergeräusche verstärkten vor allem positive Gefühle und der Körper reagierte messbar. Vogelzwitschern hilft hingegen eher bei Stress und Ärgernissen.
Um diese Zusammenhänge noch besser zu verstehen, sollten laut den Forschern in Zukunft auch Feldstudien mit möglichst unterschiedlichen Personen durchgeführt werden. Dort ließen sich auch Einflussfaktoren besser untersuchen, z.B. ob es wirkungsvoller ist, den Klang der Natur allein oder in Gesellschaft zu genießen, oder welche Aktivitäten das Naturerlebnis intensivieren könnten.
Wertschätzung trainieren
Außerdem analysierten das Team die Geräuschkulisse an 221 Orten in 68 US-Nationalparks. In einem Fünftel der Soundproben waren Wassergeräusche zu hören, Vögel in zwei Fünftel. Dort, wo sich viele Besucherinnen und Besucher tummeln, gab es natürlich auch mehr menschliche Geräusche. Je weiter weg die Anlagen von städtischen Ballungsräumen entfernt waren, umso natürlicher war auch die Klangkulisse. In diesem naturbelassenen Klangräumen ist der gesundheitliche Nutzen laut den Studienautoren vermutlich höher. Es sei daher wichtig, diese akustischen Ressourcen zu schützen und zu pflegen.
Aber auch in stadtnahen und städtischen Grünräumen sollte mehr auf die Geräuschkulisse geachtet werden, betonen die Forscherinnen und Forscher. Neben einem gezielten Lärmmanagement wären Gesundheitsinterventionen vorstellbar, die die Aufmerksamkeit und die Wertschätzung für den Klang der Natur erhöhen, etwa im Rahmen von „Soundwalks“, wo es vor allem ums Hinhören geht, oder durch Zonen, wo explizit um Stille gebeten wird.