Frau in Sportkleidung mit Kopfhörern von hinten
milanmarkovic78 – stock.adobe.com
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Psychologie

Wie klassische Musik beim Training hilft

Hip-Hop, RnB, Pop und andere rhythmische Musik ist beliebt beim Sport – klassische Musik eher weniger. Dabei können auch Mozart, Rossini und Co beim Training helfen, wie ein Sportwissenschaftler erklärt.

Musik hat viele Vorteile beim Sport, wie die Forschung immer wieder zeigt. Musik motiviert, lindert gefühlt den Schmerz und lässt das Training subjektiv etwas schneller vergehen, erklärt der Psychologe und Sportwissenschaftler Costas Karageorghis von der Brunel Universität in London. Er beforscht den Einfluss von Musik seit rund 30 Jahren. In einer Studie zeigte er zuletzt, dass mit Musik jene Areale im Gehirn weniger aktiv sind, die Erschöpfung signalisieren. „Musik hilft beim Sport, den Verstand von den Ermüdungserscheinungen abzulenken und den Punkt der Erschöpfung leicht hinauszuzögern“, so der Sportwissenschaftler gegenüber science.ORF.at.

Erschöpfung genießen

Für seine Forschung verwendet Karageorghis zwar vor allem RnB, Hip-Hop, Pop und andere rhythmisch gleichbleibende, weniger komplexe Musik. Für Klassikfans könnte es sich aber durchaus lohnen, klassische Musik beim Training zu hören, so der Forscher. „Ein ästhetisch ansprechendes Stück wie das Ende der Wilhelm Tell-Ouvertüre kann nicht beeinflussen, was du fühlst, wenn deine Lungen am Laufband brennen. Es kann aber beeinflussen, wie du es fühlst. Im Wesentlichen kann erfreuliche Musik die Interpretation von Erschöpfung verändern und das Trainingserlebnis verbessern“, schreibt Karageorghis in einem Artikel.

Für intensiven Sport mit hohem Tempo würde sich das Präludium aus der Oper Carmen eignen. Aber auch der mitreißende 4. Satz Allegro assai von Mozarts 40. Symphonie in G-Moll könne bei gemäßigten Workouts unterstützen. „Wichtig ist, dass man dabei auf die Lautstärke achtet – vor allem bei intensivem Training sind die Härchen bzw. Haarsinneszellen in der Schnecke besonders empfindlich und können leichter geschädigt werden. Wenn sie mal kaputt sind, war’s das.“

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 15.4., 13:55 Uhr.

Buch

„Applying Music in Exercise and Sport“, C. Karageorghis, 2016

Zwar nutzen Karageorghis‘ Kollegen klassische Musik auch beim Joggen, so der Forscher. Die häufigen Rhythmus- und Tempowechsel sind aber nicht unbedingt ideal, um einen schnellen, gleichmäßigen Laufschritt beizubehalten. „Außerdem verlangt klassische Musik oft mehr Aufmerksamkeit – man kann sie nicht so einfach nebenbei hören, wie ein Kaugummi-Pop-Lied, das im Hintergrund spielt und einen im Rhythmus hält.“

Effizienter laufen mit Musik

Ein guter Rhythmus ist aber vor allem beim Laufen wichtig, wie Karageorghis herausgefunden hat. So liefen die Teilnehmer in der Studie effizienter, wenn sie synchron mit der Musik liefen. „Wir sahen, dass Sauerstoffaufnahme im Blut um 67 Prozent niedriger war als bei der Gruppe ohne Musik. Das ist ein Hinweis, dass die Bewegungen energieeffizienter waren. Wenn man sich normal bewegt, gibt es immer wieder Unregelmäßigkeiten, was mehr Energie verbraucht. Man kann es vielleicht mit einem Auto vergleichen, das vom Stadtrand ins Zentrum fährt und immer öfter stehen bleiben muss.“

Idealerweise hört man klassische Musik laut Karageorghis persönlicher Überzeugung vor oder nach dem Training. „Klassische Musik ist oftmals auf eine Art komponiert, die heldenhafte Klangbilder hervorruft und erhebend wirkt.“ Bestes Beispiel dafür ist unter anderem der moderne Klassiker „Chariots of Fire“ von Vangelis. Um sich wieder zu entspannen, empfiehlt Karageorghis den Frühling aus Antonio Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“. „Hier haben wir in Untersuchungen gesehen, dass beruhigende Musik das Stresshormon Cortisol schneller wieder senken und auf den Normalzustand bringen kann. Man sollte nur auf keinen Fall energetisierende Musik hören, um sich nach dem Training zu beruhigen.“

Neues lernen? Keine Musik

Egal welche Musik man verwendet, entscheidend ist, dass man Musik wählt, die einem gefällt und einen dazu bringt, sich zu bewegen. Es gibt nur eine Situation, wo man auf Musik eher verzichten sollte: nämlich, wenn man gerade etwas Neues lernt. Dann kann die sonst hilfreiche Ablenkung durch die Musik kontraproduktiv sein.