Schmelzendes Meereis in der Arktis
Geologie

Als es in der Arktis warm war

Anders als heute sah es in der Arktis vor rund 588.000 bis 549.000 Jahren aus: Trotz einer damalig weltweit kühlen Phase scheint es in der Region zu jener Zeit eher warm gewesen zu sein. Das zeigen Analysen von Bodenproben aus einer abgelegenen Höhle im Nordosten Grönlands.

Die Mineralablagerung fand die Geologin Gina Moseley vom Institut für Geologie der Universität Innsbruck im Jahr 2015 auf einer Expedition mit vier Kollegen in den hohen Norden. Die aufwendige Reise wurde im Rahmen des „Greenland Caves Project“ u.a. von der National Geographic Society mitfinanziert und führte die Forscherin auch in jene Höhle, die in etwa am 80. nördlichen Breitengrad rund 35 Kilometer von der Küste Grönlands entfernt liegt.

Dort „haben wir einen Bodensinter gefunden, eine etwa zwölf Zentimeter große Probe entnommen und dann analysiert. Diese Art der Höhlensedimente ist verwandt mit den Tropfsteinen, bildet aber flächige Ablagerungen, die aus einem langsam fließenden Wasserfilm auskristallisieren“, so Moseley am Mittwoch in einer Aussendung zu der nun im Fachblatt „Science Advances“ erschienenen Studie.

Schon alleine die Existenz einer solchen Ablagerung zeige, dass dort früher ganz andere Bedingungen geherrscht haben müssen. Wo jetzt eine kalte Polarwüste mit Permafrostboden ist, muss es einst deutlich wärmer und feuchter gewesen sein. Allerdings gilt der Zeitraum der Entstehung des Bodensinters zwischen 588.000 bis 549.000 Jahren als global kühl im Vergleich zu den heutigen klimatischen Bedingungen auf der Erde. Die Einblicke sind insofern neu, da die Eiskern-Bohrproben aus den ausgedehnten Gletschern Grönlands nur einen Blick in die Klimageschichte in etwa bis 128.000 Jahre vor unserer Zeit reichen.

Stellung zur Sonne

Die Höhlendaten reichen nun aber sehr viel weiter zurück und zeigen, „dass die Arktis als Folge der damaligen Stellung der Erde zur Sonne ungewöhnlich warm war. Ausgelöst durch die wärmeren Temperaturen schrumpfte die Ausdehnung des Meer-Eises in der Arktis. Die aus diesen eisfreien Gewässern verdunstete Feuchtigkeit wurde nach Nordostgrönland transportiert“, so Moseley, die dies der Probe durch den Einsatz moderner Analysemethoden entlocken konnte.

Dieser Befund passe mit Hinweisen aus anderen Regionen zusammen, dass sich die arktischen Breiten damals tatsächlich wärmer präsentierten als andere Weltgegenden. So gebe es etwa Hinweise auf aufgetaute Permafrostböden in Sibirien und erhöhte Planktonproduktivität im Baikalsee zu jener Zeit.

Die Abläufe vor fast 600.000 Jahren lassen auf gegenüber heute im Schnitt 3,5 Grad Celsius wärmere Temperaturen schließen und haben auch eine Verbindung ins Heute: Denn die damalige Erwärmung zeige auch, wie rasch die Veränderung des lokalen Klimas dort geschehen kann. „Die Arktis erwärmt sich mehr als doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt. Besser zu verstehen, wie sich dieser sensible Teil der Welt in einer wärmeren Welt verändert, ist für die Zukunft von höchster Priorität“, sagte Moseley.