Frau isst Eiscreme – und hat Schmerzen durch den Kältereiz
YiuCheung – stock.adobe.com
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Überempfindlich

Warum Kälte in den Zähnen schmerzt

Etwa ein Drittel der Bevölkerung leidet unter Schmerzen, wenn die Zähne mit Kaltem in Berührung kommen. Jetzt wurde der Auslöser entdeckt: Das „Autsch!“ entsteht durch ein kälteempfindliches Protein unter dem Zahnbein.

Herrlich, wie das Erdbeereis im Mund schmilzt. Und plötzlich ist er da, dieser ziehende Schmerz in den Zähnen, der einen zusammenzucken lässt. Katharina Zimmermann weiß, was das bedeutet. „Ich leide selbst unter empfindlichen Zähnen. Manchmal schießt mir der Blitz ein“, sagt die Physiologin und Schmerzforscherin von der Universität Erlangen-Nürnberg.

Ionenkanal reagiert auf Kälte

15 Jahre hat es gedauert, bis sie der Ursache dieses weit verbreiteten Leidens auf die Spur kam. Im Jahr 2006 begann Zimmermann mit einem Membranprotein namens TRPC5 in menschlichen Zellen zu experimentieren. TRPC5 ist ein Ionenkanal, der sich öffnet, wenn die Temperatur in der Umgebung der Zelle absinkt. Also so etwas wie ein Kälterezeptor.

Was sich in Tierversuchen zunächst nicht bestätigen ließ: „Wir haben Mäuse gezüchtet, denen das Gen für diesen Ionenkanal in ihrem Erbgut fehlte. Aber Kälte konnten sie mit ihrer Haut dennoch wahrnehmen“, erzählt Zimmermann gegenüber dem ORF. „Da haben wir uns die Frage gestellt: Wenn TRPC5 in der Haut keine Rolle spielt, wo dann?“

So kamen Zimmermann und ihr Team auf die Zähne. Dort ist TRCP5 tatsächlich an der Wahrnehmung von Kälte beteiligt. Und offenbar auch der Auslöser jenes allzu bekannten Schmerzreizes, der sich beim Genuss von Eiscreme oder kalten Getränken einstellt, wie die Forscherin jetzt im Fachblatt „Science Advances“ berichtet.

Querschnitt durch einen Zahn zeigt die Zellen zwischen Zahnbein und Zahnmark
L. Bernal et al./Science Advances 2021
TRPC5 (grün) ist vor allem in den Dentin-bildenden Zellen vorhanden

Das Problem beginnt zunächst mit einer Beschädigung des Zahnschmelzes, etwa durch Karies, Säure oder auch durch mechanische Überbeanspruchung. Hat der Schmelz kleine Löcher oder Risse, verliert er seine Fähigkeit, das Innere der Zähne gegenüber Temperaturschwankungen abzupuffern. Ist das der Fall, öffnen sich die TRCP5-Ionenkanäle in zwischen Zahnbein und Zahnmark gelegenen Zellen, die den Reiz wiederum an die angrenzenden Nerven weiterleiten.

Schmerzlindernd: Gewürznelken

Was kann man gegen Überempfindlichkeit tun? „Ich würde zunächst Flouridlack beim Zahnarzt ausprobieren. Das hilft in vielen Fällen recht gut“, sagt Zimmermann. Ein altes Hausmittel, nämlich das Kauen auf Gewürznelken, kann die deutsche Forscherin ebenfalls empfehlen. TRCP5 wird nämlich durch einen Inhaltsstoff der Nelken, das sogenannte Eugenol, gehemmt. Das wirkt schmerzlindernd. „Ich kann mir vorstellen, dass man diesen Wirkstoff auch pharmakologisch nützen könnte", sagt Zimmermann. "Man sollte Kaugummis mit Eugenol entwickeln.“

TRPC5 ist übrigens nicht der einzige Ionenkanal, der auf Kälte anspricht. In den Zähnen gibt es noch zwei weitere, namens TRPA1 und TRPM8. Der eine wird durch die Inhaltsstoffe von Kren aktiviert, der andere durch Menthol.