Eine Viole mit AstraZeneca-Impfstoff
AFP – LENNART PREISS
AFP – LENNART PREISS

Was man bei Thromboseverdacht machen kann

Wer vier Tage nach einer AstraZeneca-Impfung extreme Kopfschmerzen bekommt, sollte schleunigst ins Spital. Dort wird mittels Blutbildes untersucht, ob eine Thrombose Ursache der Schmerzen ist. Die Behandlungsmöglichkeiten seien sehr gut, sagt die Thromboseforscherin Sabine Eichinger-Hasenauer – die auch weiter zu einer Impfung rät.

Deutschland hat am Dienstag beschlossen, Menschen unter 60 Jahren nur noch in Einzelfällen und auf eigenem Wunsch mit dem Impfstoff von AstraZeneca zu impfen. Das österreichische Impfgremium hält hingegen aktuell am Impfplan mit AstraZeneca fest. Würde man der deutschen Empfehlung folgen, könnte die Gruppe der 18- bis 55-Jährigen nicht genügend versorgt werden, so deren Leiterin Ursula Wiedermann-Schmid. Das Impfgremium wird über die Frage am Mittwochabend beraten.

Fehlgeleitete Immunreaktion

Die Thromboseforscherin Sabine Eichinger-Hasenauer von der Medizinuni Wien räumte im Ö1 Mittagsjournal mit einem Missverständnis auf: Die – äußerst seltenen – Thrombosen im Zusammenhang mit einer AstraZeneca-Impfung hätten nichts mit den bekannten Thrombosen etwa in Beinen zu tun. „Dahinter steckt ein ganz anderer Mechanismus“, so die Forscherin.

Nach der Coronovirus-Impfung kommt es wie gewünscht zur Bildung von Antikörpern, die sich gegen das Virus richten. In seltenen Fällen werden aber auch Antikörper gebildet, die zu einer Aktivierung von Blutplättchen und einer fehlgeleiteten Immunreaktion führen. „Die Thrombozyten werden sehr aggressiv und aktivieren sich gegenseitig. In weiterer Folge aktiviert das das Gerinnungssystem“, so Eichinger-Hasenauer, und die gefährlichen Blutgerinnsel im Gehirn können entstehen.

Bei extremen Kopfschmerzen schnell ins Spital

Symptome, die darauf hinweisen, treten nicht direkt nach der Impfung auf, sagt die Expertin. „Die Beschwerden setzen erst nach vier bis fünf Tagen ein und richten sich nach dem Ort, an dem die Thrombosen entstehen. Das können Schwellungen und Schmerzen im Bein sein oder extreme Kopfschmerzen, wenn sie im Gehirn auftreten.“ Verbunden seien diese mit Schwindel, Übelkeit und Erbrechen – wer diese Symptome bemerkt, sollte schnell die Hilfe von Ärztinnen und Ärzten beanspruchen.

Diese können mittels Blutbildes und anderer Methoden eine mögliche Gerinnungsstörung feststellen. Parallel dazu kann der Thrombose-Verdacht mit Hilfe von Ultraschall und Computertomografie untersucht werden. Erhärtet er sich, sind die Behandlungsmöglichkeiten gut, sagt die Expertin. Der Einsatz von Gerinnungshemmern, üblicherweise oral, in schweren Fällen aber auch intravenös, sei vielversprechend. Sie rät generell zu einer Coronavirus-Impfung.

Äußerst seltene Fälle

In Deutschland erhielten bisher circa 2,7 Millionen Menschen eine erste Dosis des AstraZeneca-Impfstoffs. Nach aktuellen Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts sind bis einschließlich 29.3. insgesamt 31 Verdachtsfälle einer Gehirnthrombose bekannt, 19 Fälle gingen mit einem Mangel an Blutplättchen einher. Im Vereinigten Königreich sind bisher vier explizite Fälle bei insgesamt 13,7 Millionen Impfungen berichtet worden, allerdings liefert das dortige Meldesystem noch weitere unspezifischere Fälle anderer Thrombosevarianten.

Einem “Science“-Artikel zufolge traten in Norwegen unerwünschte Ereignisse in diesem Spektrum bei 1 von 25.000 Geimpften auf. In der europäischen Datenbank EudraVigilance sind Stand 27.3. EU-weit 59 Fälle von Sinusthrombosen als Verdachtsfälle von Nebenwirkungen verzeichnet, wovon 14 tödlich verliefen.