Archivbild von Franz Josef Huber
Nationalarchiv Slowenien
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Zeitgeschichte

Wiener Gestapo-Chef wurde BND-Spion

Franz Josef Huber, nach dem „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland Gestapo-Chef in Wien, ist für die Deportation und Ermordung Zehntausender Juden und Jüdinnen verantwortlich gewesen. Bestraft wurde er dafür nie. Wie neue Dokumente zeigen, arbeitete er nach dem Krieg über zehn Jahre lang für den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND).

Das berichtete das ARD-Politmagazin „report München“ in seiner aktuellen Sendung am Dienstag. Gemeinsam mit der „New York Times“ wurden dafür hunderte Seiten bisher unbekannter Unterlagen aus dem Archiv des Bundesnachrichtendienstes (BND) ausgewertet. Sie zeigen, dass der ehemalige Münchner SS-General Franz Josef Huber von 1955 bis zu seiner Pensionierung 1967 im Dienst von BND bzw. dessen Vorläuferorganisation stand.

Auch CIA hatte Interesse

Während Adolf Eichmann für Planung und Durchführung des Holocaust in Israel zur Verantwortung gezogen wurde – der Prozess gegen ihn jährt sich am 11. April zum 60. Mal -, entgingen zahlreiche Komplizen einer Verurteilung. Dazu zählt auch Huber, der wie Eichmann 1938 nach Wien abkommandiert und dort Gestapo-Chef und Leiter der sogenannten „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“ wurde.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 7.4.2021, 13:55 Uhr.

Nach dem Krieg wurde Huber zwar gefangengenommen und zu geringen Strafen verurteilt, er saß aber niemals im Gefängnis. Er lebte bis zu seinem Tod 1975 unbehelligt in München, offiziell arbeitete er bis zu seiner Pensionierung in einem Unternehmen für Büromaschinen. Wie die nun untersuchten Unterlagen zeigen, war er aber zwölf Jahre lang Mitarbeiter des BND bzw. seines Vorläufers, der Organisation Gehlen, deren Namensgeber ein Generalmajor der Wehrmacht war.

Die „New York Times“ berichtet von einem Memo des US-Geheimdienstes CIA 1953, in dem es heißt, dass Huber aufgrund seines Netzwerks als ehemaliger SS-General auch für die CIA von gutem Nutzen sein könnte. Das CIA wollte aktuell dazu keinen Kommentar abgeben.

Für den Tod von Zehntausenden verantwortlich

„Der BND hat viele Nazis rekrutiert, aber kaum jemand hatte eine derartig herausragende Position“, urteilt der Historiker Stefan Meining. „Sie wussten genau, dass Huber kein kleiner Gestapo-Mörder war, sondern ein SS-General, der sich in den innersten Kreisen des NS-Terrorapparats bewegte und für den Tod Zehntausender Juden und Regimegegner verantwortlich war.“

Auf Anfrage sagte der Chefhistoriker des BND, Bodo Hechelhammer, gegenüber „report München“: „Der Hintergrund ist natürlich, dass man zu dieser Zeit im aufkommenden Kalten Krieg vor allem stramme Antikommunisten gesucht hat, und die hat man leider allzu oft auch in früheren Nationalsozialisten gesucht und gefunden.“