Umfrage

Jeder Zehnte stimmt Verschwörungstheorien zu

Das Coronavirus als Biowaffe, Antikörpertests als DNA-Komplott: Rund zehn Prozent der Menschen in Deutschland und der Schweiz glauben an Verschwörungsszenarien, 20 Prozent stimmen ihnen mäßig zu. Das zeigt eine Umfrage der Universität Basel.

Die Basler Psychologinnen Sarah Kuhn und Thea Zander-Schellenberg haben mit Kollegen in einer anonymisierten Online-Umfrage untersucht, wie stark Menschen aus der deutschsprachigen Schweiz und Deutschland Coronavirus-Verschwörungstheorien zustimmen und wie diese Tendenz mit Denkverzerrungen zusammenhängt. Von den Ergebnissen der Studie, an der 1.600 Personen teilnahmen, berichten sie im Fachmagazin „Psychological Medicine“.

Stress macht anfällig

Auf einer Skala mussten die Teilnehmenden der Studie angeben, wie stark sie jeweils den 49 präsentierten Verschwörungstheorien zustimmten. Dazu gehörten skurrile Aussagen wie „Das Coronavirus ist eine Biowaffe, die von China entwickelt wurde, um den Westen zu zerstören“, „Antikörpertests sind ein Komplott, um unsere DNA zu sammeln“ oder „Der tatsächliche Grund für den Lockdown liegt darin, eine Massenüberwachung durchzusetzen“. Demnach stimmten durchschnittlich knapp zehn Prozent der Befragten mindestens einer dieser Aussagen zu, 20 Prozent wenig oder mäßig, etwa 70 Prozent gar nicht.

Die Psychologinnen und Psychologen ermittelten ebenfalls die psychologische Befindlichkeit der Befragten sowie deren Alter, Geschlecht und politische Einstellung. So zeigte sich, dass die den Verschwörungstheorien zustimmenden Menschen im Durchschnitt jünger und gestresster waren sowie über Paranoia-ähnliche Erfahrungen berichteten. Sie wiesen außerdem eine politisch extremere Haltung und ein geringeres Bildungsniveau auf.

Auch in den Denkprozessen der Teilnehmenden zeigten sich Unterschiede. Die Gruppe, die sich mit einer Verschwörungstheorie eher anfreunden konnte, traf Schlussfolgerungen vorschneller und unter größerer Unsicherheit. Informationen, die ihre Meinung widerlegten, schenkten sie weniger Beachtung.

Vorsicht bei Pauschalisierungen

Überraschend war ein Detailergebnis: Die Forscherinnen fanden nämlich heraus, dass es unter den Anhängern von Verschwörungstheorien einige gab, die sogar weniger Denkverzerrungen aufwiesen als die andere Gruppe. „Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass nicht jede Person, die einer Verschwörungstheorie zustimmt, automatisch auf ungünstige Art und Weise Informationen verarbeitet und dementsprechend entscheidet“, sagte Sarah Kuhn, die Erstautorin der Studie, in einer Mitteilung.

In der psychologischen Forschung sei man bisher eher davon ausgegangen, dass Verschwörungstheorien mit Eigenschaften wie einem geringeren analytischen Denkvermögen oder vorschnellem Schlussfolgern einhergingen. Dass bei manchen Personen genau das Gegenteil der Fall sein könne, mahne zur Vorsicht bei Pauschalisierungen über die Anhängerschaft von Verschwörungstheorien.

Laut Universität Basel handelt es sich bei der Studie nicht um eine repräsentative Befragung. Die Zusammensetzung des Alters und Geschlecht der Teilnehmenden war jedoch ähnlich wie die schweizerische und deutsche Allgemeinbevölkerung.