Maus schaut über eine Barriere
Alekss/stock.adobe.com
Alekss/stock.adobe.com
Experiment

Spermidin macht Mäuse klüger

Spermidin, eine natürliche Substanz der Samenflüssigkeit, ist gut für das Gehirn und kann die Gedächtnisleistung verbessern. Zumindest im Tierversuch, wie Experimente an Mäusen und Fliegen zeigen.

Spermidin kommt in hohen Konzentrationen in Nahrungsmitteln wie Weizenkeimen, Brokkoli, Grapefruits, Birnen und Sojabohnen vor. Das natürliche Polyamin findet sich in allen menschlichen Körperzellen, besonders reichlich im Sperma, wo es erstmals gefunden wurde. Die Menge von Spermidin im Körper erhöht sich bei einer Beschleunigung des Stoffwechsels, bei verlangsamtem Stoffwechsel und im Alter nimmt die Konzentration ab.

Verjüngte Nervenzellen

Vor mehr als einem Jahrzehnt haben Wissenschafter rund um den an der Universität Graz tätigen Molekularbiologen Frank Madeo herausgefunden, dass die körpereigene Substanz den zellulären Reinigungsprozess – die sogenannte Autophagie – ankurbelt. Wenn es darum geht, älter zu werden und trotzdem gesund zu bleiben, ist dieser Mechanismus des Zellrecyclings ein grundlegender Prozess. In Labortests haben die Grazer Forscher damals gesehen, dass die Gabe von Spermidin die Lebensdauer in einfachen Organismen wie Hefe, Fruchtfliegen und Fadenwürmern verlängert.

Positive Wirkung auf Synapsen

Nun haben die Forscher gemeinsam mit Kollegen aus Berlin und Innsbruck festgestellt, dass Mäuse und Fliegen auch bessere kognitive Leistungen zeigen, wenn sie mit Spermidin-angereicherter Nahrung gefüttert wurden. Es habe sich gezeigt, dass das die verabreichte Substanz zu einer verbesserten Funktionsweise der Mitochondrien im Hirn führt. Diese „Zellkraftwerke“ sind für die Energieversorgung zuständig. Durch den hohen Energieverbrauch der Nervenzellen sind Mitochondrien im Hirn besonders wichtig – funktionieren sie besser, kann das zu einer gesteigerten Gedächtnisleistung beitragen.

Konkret haben die Forscher die Substanz ins Futter und Trinkwasser der Tiere gemischt und gezeigt, „dass oral verabreichtes Spermidin das Gehirn von Mäusen erreicht und dass diese im Alter in verschiedenen Gedächtnistests besser abschneiden als Mäuse, die keine Extraportion Spermidin bekamen", sagt Studienautor Andreas Zimmermann von der Uni Graz.

In einer weiteren, von der Freien Universität Berlin geleiteten Studie erkannte die Gruppe, dass Spermidin zu einer Modifikation des Proteins eIF5A führt – diese Veränderung dürfte die Funktion der Mitochondrien positiv beeinflussen und nicht zuletzt auch jene der Synapsen.

Ähnlicher Effekt beim Menschen?

Lassen sich die Ergebnisse auf den Menschen umlegen? Eine mögliche Antwort liefert eine fünfjährige Innsbrucker Ernährungsstudie, die bereits im Jahr 2018 abgeschlossen wurde. Ergebnis: Probanden, die mehr Spermidin aufgenommen hatten, zeigten im Beobachtungszeitraum deutlich weniger kognitive Einbußen. Das belege einen grundsätzlichen Zusammenhang, sagt der Innsbrucker Neurologe Stefan Kiechl von der Medizin-Uni Innsbruck. Nun wollen die Wissenschaftler den Gedächtnis-Effekt auch mit einer Interventionsstudie bestätigen.