Im Labor werden zum Nachweis einer Infektion Abstriche aus dem Nasen-Rachen-Raum auf das Sars-CoV-2-Virus getestet.
APA/dpa/Oliver Berg
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Coronavirus

Antikörper schützen nur bedingt

Nach einer Coronavirus-Infektion bildet das Immunsystem Antikörper. Doch diese Immunität hält nur begrenzt an und schützt auch nur begrenzt vor einer Reinfektion. Zu diesem Ergebnis kommt die Wiener LEAD-Covid-19-Studie in einem Zwischenbericht.

12.300 Personen nehmen an der Wiener LEAD-Covid-19-Studie teil, die vor einem Jahr startete. Zunächst ermittelte man die Dunkelziffer der Coronavirus-Infektionen in Wien und zeigte, dass fast 80 Prozent der Infizierten keine oder nur sehr leichte Symptome haben. Die 1,3 Prozent der Teilnehmenden, also etwa 160 Probandinnen und Probanden, die eine Infektion mit dem SARS-Coronavirus-2 hatten, wurden nun zwölf Monate lang begleitet und ihre Antikörper, die nach der Infektion gebildet werden, regelmäßig gemessen.

Zwei Drittel der vor einem Jahr Positiven hätten mittlerweile ein fast nicht mehr nachweisbares Antikörperniveau erreicht, sagt die Lungenfachärztin Marie-Kathrin Breyer von der Klinik Penzing und dem Ludwig Boltzmann Institut für Lungengesundheit, die die Studie, mitfinanziert vom Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) und dem Bürgermeisterfonds, leitet.

Auch mit Antikörpern Infektionsrisiko

Dass die Antikörper mit der Zeit abnehmen, ist bekannt. Problematisch sei, dass man derzeit noch nicht sagen könne, ab welchem Antikörperniveau die Immunität schwinde, eine Reinfektion und damit auch die Weitergabe des Virus an andere möglich sei, so Breyer. „Was wir anhand der Daten der LEAD-Covid-19-Studie sehen konnten, ist, dass es Personen gibt, die trotz bereits durchgemachter SARS-Cov-2-Infektion und vorhandener Antikörper eine Reinfektion durchmachen“, so Breyer.

Diese Personen hätten zwar selbst oft keine Symptome, einige seien sogar im PCR-Test negativ, sie könnten das Virus aber an andere Personen weitergeben, erklärt die Lungenfachärztin. Dass es bei diesen Probandinnen und Probanden zu einer Reinfektion kam, sahen die Forschenden im Labor. Es kam zu einem erneuten Anstieg der SARS-CoV-2-Antikörper im Blut.

Schutz vor schwerem Verlauf

Das Vorhandensein von Sars-CoV-2-Antikörpern im Blut sei also kein eindeutiger Schutzfaktor vor einer erneuten Infektion und als Nachweis nicht unbedingt geeignet, betont Breyer. Erkenntnisse, die auch in der Diskussion um Lockerungen für Geimpfte und für jene, die eine Infektion hinter sich haben, eine Rolle spielen könnten. Denn auch nach einer Impfung wisse man nicht, wie lange der Schutz vor einer Reinfektion anhalte, sagt Breyer. Auch hier sei das Niveau neutralisierender Antikörper im Blut kritisch zu betrachten.

Dennoch sei eine hohe Durchimpfungsrate in der Bevölkerung enorm wichtig, um das Pandemiegeschehen zu bremsen. Denn die Impfungen schützten zumindest vor schweren Covid-19-Verläufen, sagt Breyer. „Das heißt, je weniger schwere Verläufe es gibt, desto weniger Viruslast gibt es und desto weniger Personen werden auch angesteckt“, so die Lungenfachärztin. Für die Allgemeinbevölkerung sei es deswegen enorm wichtig, die Durchimpfungsrate so hoch wie möglich zu bringen.

Weitere Schutzfaktoren identifizieren

Ab welchem Niveau nun die Antikörper nicht mehr vor einer Infektion schützen und welche anderen Faktoren hier wichtig sind, wollen Breyer und ihr Team in der nächsten Phase der LEAD-Covid-19-Studie untersuchen. Denn bis jetzt wisse man wenig über die Rolle des Immungedächtnisses der T-Zellen, das auch dazu beitragen dürfte, schwere Covid-Erkrankungen zu verhindern. Entsprechende Labortests werden derzeit gemeinsam mit dem Institut für Virologie der Medizinischen Universität Wien validiert und sollen schon bald in der LEAD-Studie zum Einsatz kommen.