Lange galt Archaeopteryx, der Urvogel, als einziger Dinosaurier mit Federn. Zahlreiche fossile Entdeckungen der vergangenen Jahre haben das widerlegt: Forschende identifizierten verschiedene Dinosaurierarten, die sich auf zwei Beinen fortbewegten und mit Protofedern bedeckt waren. Der Wirbeltierpaläontologe Michael Benton von der Universität Bristol geht sogar davon aus, dass alle Dinosaurier Federn hatten bzw. zumindest Anlage dafür. Eine These, die nach wie vor umstritten ist, wie etwa eine Studie zur geschuppten Hautstruktur von Sauriern zeigt.
Keine Monster, sondern gigantische Hühner
Noch immer stellen sich viele Menschen Dinosaurier als große, grüne, geschuppte Monster vor, sagt Benton. Ein Bild, das revidiert werden müsse. „Sie sahen vielmehr wie gigantische Hühner aus“, so der Paläontologe. Benton konzentriert sich in seiner Forschung auf die Evolution der Federn, auf Funktion und Farbgebung dieser ersten Federkleider, neueste Ergebnisse werden laufend veröffentlicht.
Analysen mit Elektrononemikroskop identifzierten Melanosomen, spezialisierte Organellen in Pigmentzellen, die das Pigment Melanin bilden, speichern und transportieren. Benton und seinen Kollegen gelang es erstmals so die Farbgebung der Federn zu zeigen, unter anderem in einer Publikation in der Fachzeitschrift Nature: Die Federn waren vermutlich weiß, braun, schwarz und fuchsrot.
Balztanz mit gefiedertem Schweif
Die farbigen Federn dienten den Dinosauriern wohl als Tarnung, als Hitze- bzw. Kälteschutz, aber auch um sich zu präsentieren, sagt Benton. Ein gutes Beispiel sei der Sinosauroptyeryx, der vor 120 Millionen Jahren im heutigen China lebte. Sein Federkleid war rot-braun, sein Schwanz rot-weiß gestreift.
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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 21.4. um 13:55
Zunächst dachten Benton und sein Team an eine Tarnfunktion der rot-weißen-Streifen wie bei einem Tiger. Doch nachdem nur der Schwanz gestreift war, kamen sie zu dem Schluss, dass die Saurier die auffälligen Federn wohl bei der Balz zur Schau gestellt hatten. „Wir gehen davon aus, dass der Sinosauroptyeryx wie ein Pfau, der seinen prächtigen Federfächer zur Schau stellt, seinen langen gefiederten Schwanz bei der Balz präsentierte“, so Benton. Natürlich könne man das nicht beweisen, sagt Benton, aber es sei eine begründete Schlussfolgerung.
Federn früher als gedacht
Benton, der intensiv mit chinesischen Forschenden zusammenarbeitet, geht auch davon aus, dass die Evolution der Federn wesentlich früher einsetzte, als bisher angenommen. Die ersten gefiederten Dinosaurier könnten die Erde bereits vor 250 Millionen Jahren im frühen Trias bevölkert haben. Fliegende Urvögel wie den Archäopteryx kennt man erst aus dem Jura 100 Millionen Jahre später.
Doch das sei noch Theorie, wie Benton am Dienstag auch bei einem Vortrag bei der Generalversammlung der European Geoscience Union (EGU) betonte. Gefiederte Fossilien aus dem frühen Trias gelte es noch zu entdecken. „Wir wissen noch nicht, wie diese ersten Federn beschaffen waren“, sagt der Paläontologe. Er nimmt an, dass es sich dabei um sehr einfache Borsten oder Haare handelte. Vielversprechende Regionen wären etwa der Muschelkalk im Germanischen Becken und China, wo in den vergangenen Jahren zahlreichen urzeitliche Fossilien entdeckt wurden.