Medizinisches Personal arbeitet auf einer Intensivstation in einem Zimmer mit Covid-19-Patienten
APA/dpa/Sebastian Gollnow
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Coronavirus

Wer auf den Intensivstationen liegt

Der Datenaustausch zwischen Behörden funktioniert nach einem Jahr CoV-Pandemie noch immer nicht so gut, wie sich das Forscherinnen und Forscher wünschen würden. Deswegen sind manche Fragen kaum zu beantworten, etwa, welche Bevölkerungsgruppe das Coronavirus am schlimmsten trifft und wer auf den Intensivstationen liegt. Eine aktuelle Bestandsaufnahme.

Wie alt sind die Intensivpatienten und -patientinnen derzeit? Hat sich das seit Beginn der CoV-Pandemie verändert?

Laut den aktuellen Zahlen der Gesundheit Österreich, für die die gesamte Phase der Pandemie in Österreich analysiert wurde, ist der Anteil der 50- bis 64-Jährigen in den Intensivstationen zuletzt gestiegen. Vor allem sind mehr Menschen mit diesem Alter gestorben, ihre Sterblichkeit ist laut dieser Auswertung von 13 auf 19 Prozent gestiegen.

Wie hoch ist der Anteil jener, die insgesamt intensivmedizinische Versorgung brauchen?

Unter allen Infizierten brauchen nun fast zwei Prozent aller Infizierten im Verlauf der Krankheit intensivmedizinische Betreuung. Das ist mehr als zu Beginn der Pandemie, und es wird auf die Virusvarianten zurückgeführt, die in Österreich zu schwereren Erkrankungen führen.

Was weiß man über den sozialen und beruflichen Hintergrund der Covid-Patienten in den Spitäler? Sind bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders anfällig?

Zum sozialen und beruflichen Hintergrund der Intensivpatienten weiß man in Österreich noch immer nichts. Die Verknüpfung von Gesundheitsinformationen mit Daten aus der Sozialversicherung ist noch immer nicht möglich. Man muss also bei den gesundheitlichen Voraussetzungen ansetzen, und da sieht man: Es ist das Alter und dann vier verschiedene Vorerkrankungen, die das Risiko für schweres Covid-19 deutlich erhöhen: Übergewicht, Diabetes, oft in Verbindung mit einer Nierenerkrankung, Bluthochdruck und Herzschwäche. Von Diabetes und Übergewicht weiß man von Studien – auch aus Österreich – , dass es unter anderem armutsbedingte Krankheiten sind. Also liegt die Hypothese nahe, dass Covid-19 auch bei uns eine starke soziale Dimension hat – handfeste Daten dazu fehlen aber.

Zuletzt wurde in Medien, vor allem aber in den sozialen Medien viel darüber diskutiert, ob Menschen mit Migrationshintergrund häufiger schwer erkranken – was weiß man denn dazu?

Zahlen der Gesundheit Österreich zeigen: Mit Stichtag Ende Februar waren 88,3 Prozent der Intensivpatienten in österreichischen Spitälern österreichische Staatsbürger. Wenn man Migrationshintergrund ausschließlich an der Staatsbürgerschaft der Eltern festmacht, wie das auch die Statistik Austria tut, kann man einen höheren Anteil in den Intensivstationen nicht bestätigen. Intensivmediziner berichten aber immer wieder aus ihrem Alltag, dass sie – unabhängig von der Staatsbürgerschaft – überproportional viele Menschen mit anderer Muttersprache betreuen.

Und woran liegt das?

Das hat vermutlich wieder mit der sozialen Dimension zu tun: Das betrifft etwa den Beruf. Menschen, die in Supermärkten oder in der Pflege arbeiten, haben durch ihre vielen Kontakte einfach ein höheres Infektionsrisiko – im Vergleich zum Beispiel zu Menschen mit Bürojobs, die sie von zuhause erledigen können; Menschen, die in kleinen Wohnungen mit vielen Familienmitgliedern zusammenleben, stecken leichter viele andere an; Menschen, die an Straßen mit viel Verkehr und schlechter Luft leben, haben ein höheres Risiko für Lungenerkrankungen und damit auch für Covid-19. Man sieht: Migration ist nicht der ausschlaggebende Faktor, sondern ein Faktor von vielen in der sozialen Pandemie.