Verschmutzte Luft rund um ein Kohlekraftwerk in Cangzhou, 180 Kilometer von Peking entfernt
AFP – FRED DUFOUR
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Umwelt

China schummelt bei Messung der Luftqualität

Die Luftqualität in China ist schlecht, wird aber langsam besser. Offizielle Messangaben sind jedenfalls mit Vorsicht zu genießen, berichten US-Forscher. Sie stellten Unterschiede fest zwischen den Ergebnissen offizieller Messtationen und jenen, die US-Behörden in China liefern.

Diese Unterschiede zeigen sich vor allem an Tagen mit besonders schlechter Luftqualität, berichten die Umweltforscher Jesse Turiel von der Harvard University und Robert Kaufmann von der Boston University.

Mit Absicht Werte geschönt

Für ihre soeben in der Fachzeitschrift „Plos One“ erschienene Studie haben sie Messungen von Feinstaub in der Luft (PM 2,5) in fünf großen chinesischen Städten – Peking, Shenyang, Shanghai, Guangzhou und Chengdu – zwischen Jänner 2015 und Juni 2017 verglichen. Sie stammten aus zwei Quellen: zum einen von Messstationen der chinesischen Behörden, zum anderen von solchen, die sich auf oder in der Nähe des Geländes der US-Botschaft in Peking bzw. der US-Konsulate in den anderen vier Städten befinden. In beiden Fällen handelte es sich um stündliche Messungen der Luftqualität, der international übliche Indikator.

Beim Vergleich der beiden Quellen fanden die Forscher statistisch eindeutige Unterschiede. Die offiziellen chinesischen Angaben lagen immer wieder unter jenen der US-Quellen. Und zwar speziell dann, wenn die Luftqualität besonders schlecht war. Offensichtlich liegt dahinter Absicht bestimmter lokaler chinesischer Akteure, schließen Turiel und Kaufmann.

An sich sei das keine Überraschung, das Phänomen falscher oder geschönter Statistiken in China auch aus anderen Gesellschaftsbereichen lange bekannt, so die US-Forscher. Die Kommunistische Partei bestimmt alles, so setzt sie auch die lokalen Funktionäre ein, die Vorschriften einzuhalten haben – etwa jene zum Umweltschutz. Der steht nämlich seit einigen Jahren durchaus ernsthaft und ambitioniert auf der Agenda Chinas, allerdings oft auch im Widerspruch zum Wirtschaftswachstum.

Wirtschaftswachstum vs. Umweltschutz

Diesen Widerspruch zwischen den Vorschriften „mehr Industrie und Verkehr, also mehr Schadstoffe“ und „bessere Luftqualität, also weniger Schadstoffe“ lösen die lokalen Behörden deshalb nicht selten durch Schummeln beim Messen. Ein Problem, das auch den nationalen Behörden bekannt sei, schreiben die US-Forscher. 2012 wurden deshalb eine Reihe von Maßnahmen gesetzt, um das Messsystem der Luftqualität in China glaubwürdiger zu machen. Das hat die Sache zwar verbessert, aber nicht gänzlich: „Unsere Studie zeigt, dass die lokalen Behörden in vier der fünf überprüften Städte die Luftverschmutzung systematisch beschönigen“, schreiben die Forscher.

Luft wird besser

Das spreche aber nicht prinzipiell gegen die Sinnhaftigkeit der offiziellen chinesischen Messungen. Sie zeigen eine glaubwürdig gute Tendenz bei der Feinstaubbelastung in China. Auch laut US-Messungen ist diese zwischen 2013 und 2017 um rund ein Viertel gesunken. Die Schummelei bei den Schwankungen von Tag zu Tag sei aber nach wie vor vorhanden und gefährde die Gesundheit der Chinesen und Chinesinnen: Das Risiko für Todesfälle in Zusammenhang mit Luftverschmutzung sei nämlich gerade an Tagen mit besonders schlechten Werten besonders hoch.

Auch auf die jüngsten Entwicklungen hätte die Kommunistische Partei bereits reagiert, schreiben die US-Forscher. So sollen die Luftmessungen zentraler organisiert und besser kontrolliert werden. Ob diese Maßnahmen der Zentralregierung gegen den Datenbetrug helfen „oder ob sie die lokalen Behörden nur dazu bringen, neue und noch innovativere Wege zu finden, die offiziellen Statistiken zu fälschen“, bleibt laut den Forschern abzuwarten.