Politik

Unterschiede zwischen politischen Lagern gar nicht so groß

Menschen, die sich zu einem politischen Lager zählen, überschätzen die Unterschiede zwischen ihnen und den Menschen auf der anderen Seite der politischen Kluft. Das zeigt eine Studie in 26 Ländern, darunter auch Österreich.

Sie basiert auf einer früheren Untersuchung aus den USA, in der dieses Muster zwischen Demokraten und Republikanern bereits festgestellt wurde. Ein internationales Forschungsteam wollte nun herausfinden, ob diese Effekte auch in Ländern zu finden sind, in denen es kein Zwei-Parteien-System gibt. Die Ergebnisse sind im Fachmagazin „Nature Human Behaviour“ erschienen.

Verzerrte Wahrnehmung

Für die Studie rekrutierte ein Team aus 82 Forschenden um Kai Ruggeri von der Columbia University (USA) insgesamt über 10.000 Menschen, die sie in einem ersten Schritt fragten, ob sie sich fest zu einem politischen Lager zählte, also etwa „eher bürgerlich“ oder „eher links“.

Das Team legte 5.406 Studienteilnehmern und -teilnehmern auf die Länder zugeschnittene Szenarien vor, bei denen eine Gruppe eine Gesetzesänderung vorschlägt, die das andere politische Lager benachteiligen könnte, z.B. dass politische Spenden transparent gemacht werden sollen oder Richter keiner Partei mehr angehören dürfen.

Die Studienteilnehmer sollten dann in einer Online-Umfrage angeben, ob sie persönlich, ihr politisches Lager oder das gegnerische Lager diese Forderung unterstützen würde. Dabei zeigte sich: Die Wahrnehmung gegenüber dem anderen politischen Lager war über alle Länder hinweg verzerrt. Die Menschen nahmen an, dass diejenigen aus der anderen politischen Gruppe die Vorschläge viel stärker ablehnen würden, als dies tatsächlich der Fall war.

Einfacher Weg, Vorurteile abzubauen

Demnach sind die Meinungen zu vielen politischen Themen viel ähnlicher als die Studienteilnehmer dachten. Diese falsche Wahrnehmung könne zur Polarisierung beitragen, so die Psychologin Lisa Wagner von der Universität Zürich. Die Diskrepanz fand sich überdies in beiden Lagern gleich stark.

In einem zweiten Experiment mit 4.801 Studienteilnehmern aus zehn der anfänglich 26 Länder zeigte sich, dass sich die negative Wahrnehmung reduzieren lässt, wenn die Menschen über die tatsächlichen Einstellungen der anderen Seite informiert werden.

„Das ist eine sehr simple Möglichkeit, um die Fehleinschätzungen gegenüber anderen politischen Gruppieren zu mindern“, sagte Wagner. Und es zeige, wie wichtig es für den politischen Diskurs sei, dass die Menschen miteinander reden und sich zuhören würden.