Ein Asthmatiker hält einen Asthmaspray in der Hand.
APA/dpa/Philipp von Ditfurth
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Covid-19

„Bei Covid-19 keine Asthmasprays nehmen“

Ein Asthmaspray hilft gegen schwere Covid-19-Verläufe, lauteten vor Kurzem Schlagzeilen. Die dahinterstehende Studie weise aber Mängel auf, kritisieren nun Experten. Eine generelle Empfehlung könne man aus ihr nicht ableiten – und Asthmasprays zu hamstern sei keine gute Idee.

Denn in manchen Apotheken waren die Sprays mit dem Wirkstoff Budesonid schnell ausverkauft, und dadurch könnten Versorgungsengpässe für jene entstehen, die sie definitiv brauchen – die Asthmatiker und Asthmatikerinnen. Darauf machten Experten am Donnerstag bei einer von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) organisierten Pressekonferenz aufmerksam (hier ein Positionspapier).

Asthma ist kein Risikofaktor

Der Hintergrund: Obwohl Asthmapatienten und -patientinnen zunächst zu den Covid-19 Risikogruppen gezählt wurden, weil sie bei anderen Virusinfektionen oft stark betroffen sind, zeigte sich in Untersuchungen, dass sie kein erhöhtes Krankheitsrisiko haben.

Die Autorinnen und Autoren der in der Fachzeitschrift „Lancet Respiratory Medicine“ veröffentlichten Studie wollten testen, ob dies an den Inhaltsstoffen der Asthmasprays (inhalative Glukokortikoide) liegt, die jene Patientinnen und Patienten regelmäßig nehmen. Sie kamen zu dem Schluss, dass diese entzündungshemmenden Wirkstoffe wohl gegen Covid-19 helfen, wenn man sie gleich nach dem Auftreten der ersten Symptome eine Woche lang inhaliert.

Keine physiologischen Unterschiede

„Das Studiendesign hat aber große Probleme“, erklärte Marco Idzko von der Universitätsklinik für Innere Medizin II der Medizinischen Universität Wien. Die Studie war nicht verblindet, das heißt, die Patienten und Patientinnen wussten, ob sie den Wirkstoff bekommen hatten oder nicht. Und das könnte zu einem Placebo-Effekt geführt haben.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 29.4., 13:55 Uhr.

Als wichtigste Verbesserung wurde in der Publikation beschrieben, dass die Patienten mit dem Asthmaspray weniger oft die Rettung riefen, in die Notaufnahme kamen oder den Hausarzt besuchten. Dies sei eine subjektiv getroffene Entscheidung, die sich sehr nach dem persönlichen Befinden richtet, so Idzko. Bei allen medizinisch nachweisbaren, aussagekräftigen Dingen wie der Viruslast im Körper und der Sauerstoffsättigung im Blut, die bei Atemnot durch eine Covid-19 Erkrankung sinkt, habe es keine Unterschiede zwischen den Patienten mit und ohne Asthmaspray gegeben, erklärte er. Zudem war die Zahl der Versuchspersonen mit 73 Patienten in der behandelten Gruppe und ebenso vielen in der Kontrollgruppe sehr niedrig.

Es braucht größere Studien

„Es gibt also keinen einzigen klaren Hinweis, dass die Behandlung etwas gebracht hat, und dass sie mittlere oder schwere Verläufe reduziert“, so Idzko: „Zum aktuellen Zeitpunkt wäre es demnach alles andere als seriös, eine Therapieempfehlung dafür abzugeben“. Es brauche größere Studien, die den Placeboeffekt ausschließen (verblindete Studien), um zu sehen, ob unterschiedliche Dosierungen dieser Wirkstoffe einen positiven Effekt zur Behandlung von Covid-19 haben könnten.

Idzko appellierte daher an seine Kollegen, bei Covid-19 keine inhalativen Glukokortikoide zu verschreiben. Erstens könnte die hohe Dosierung, die in der Studie verwendet wurde, Nebenwirkungen mit sich bringen. Zweitens komme es zu einer Verknappung der Medikamente für die Asthmapatienten. „In Österreich war dies unmittelbar zu beobachten“, sagte er. Nachdem in den Medien breit über die Studie berichtet wurde, klagten niedergelassene Ärzte, dass ihre Asthmapatienten keine Sprays mehr in den Apotheken bekamen.

„Rückfrage bei Firmen ergab, dass es tatsächlich vermehrte Offlabel-Verschreibungen (Anm.: Verschreibungen abseits der eigentlichen Anwendung gegen Asthma) gab, und das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) in Österreich hat daraufhin sogar ein Exportverbot für inhalative Glukokortikoride ausgesprochen“, erklärte der Mediziner.