Männer und Frauen in einem Großraumbüro
Getty Images/alvarez
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Großraumbüros

Arbeitsplatz-Position beeinflusst Zufriedenheit

Noch wird viel Arbeit im Home-Office erledigt. Wenn es bald aber wieder zurück in die Büros geht, sollte man einen Blick auf den eigenen Sitzplatz werfen. Eine britische Studie zeigt nämlich, dass die Position des Arbeitsplatzes in Großraumbüros direkte Auswirkungen auf die Zufriedenheit und Konzentrationsfähigkeit der Angestellten hat.

Bei der Planung von Bürolandschaften geht es Unternehmen in erster Linie oft darum, möglichst viele Angestellte auf möglichst kleinem Raum unterzubringen. In solchen Großraumbüros ist die Position und Ausrichtung der Arbeitsplätze aber von großer Bedeutung für die Effizienz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – das zeigt eine Studie, die vor kurzem in der Fachzeitschrift „PLOS ONE“ veröffentlicht wurde.

Londoner Großraumbüro wurde untersucht

In der Studie untersuchte ein Team um die in London lebende Architektin Kerstin Sailer vom University College London im Jahr 2018 das Großraumbüro eines internationalen Technologieunternehmens in der Hauptstadt Englands. Einerseits wurden dabei dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Zufriedenheit mit ihren Arbeitsplätzen und Besprechungsräumen befragt, andererseits spezifische Informationen über ihre Sitzpositionen im Büro erhoben. 172 Personen nahmen an der Studie teil. „Was wir herausgefunden haben ist, dass es vor allem zwei Faktoren waren, welche die Zufriedenheit der Angestellten stark beeinflusst haben“, so Kerstin Sailer gegenüber dem ORF.

Zwei Faktoren beeinflussen Zufriedenheit

Zum einen sei es für eine positive Bewertung der Arbeitsplatzumgebung ausschlaggebend, wie viele Sitzplätze sich im direkten Blickfeld der Angestellte befänden. Sailer: „Dazu haben wir einen Isovisten gezeichnet, also ein visuelles Blickfeld, das aufzeigt, was die Angestellten in einem 170-Grad Winkel von ihrem Arbeitsplatz aus sehen.“ Das Ergebnis: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer höheren Anzahl an Schreibtischen in ihrem Blickfeld bewerteten ihre Arbeitsplatzumgebung weniger positiv. Laut Sailer hänge das wahrscheinlich damit zusammen, dass mehr potenzielle Störfaktoren im Blickfeld der Angestellten lägen und es schwieriger werde, mit Kollegen zu sprechen, ohne andere zu stören.

Blickfeld eines Büroangestellten in 170-Grad Winkel vom Arbeitsplatz
PLOS One, Sailer/Koutsolampros/Pachilova
Blickfeld eines Büroangestellten in 170-Grad Winkel vom Arbeitsplatz

Der zweite Faktor, der für das Forscherteam von Bedeutung war, bezog sich auf die Anzahl der Arbeitsplätze, die sich hinter den Angestellten befanden. Die Studie zeigte auf, dass Mitarbeiter, die vom Hauptraum abgewandt saßen und mehr Arbeitsplätze hinter sich hatten, ihre Arbeitsplatzumgebung generell negativer wahrnahmen. Auch Aspekte der Teamarbeit wie der Austausch von Informationen mit anderen, die Teamidentität und der Zusammenhalt wurde negativer bewerten. Hier vermuten die Wissenschaftler, dass eine solche Sitzposition zu einem Gefühl mangelnder Kontrolle führen könnte.

Im Gegensatz dazu schätzten sich jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die dem Raum zugewandt saßen und relativ wenige Schreibtische in ihrer Sichtlinie hatten, als konzentrierter und produktiver und ihre Teams als besser verbunden ein.

Universell anwendbare Methode

Die Forscherinnen und Forscher leiteten ihre Erkenntnisse aus einem einzigen Großraumbüro ab. Dementsprechend schwierig sei es abzuschätzen, ob sich die Ergebnisse auch auf weitere derartige Büros übertragen ließen. Laut Sailer sei die Studie aber eine gute Grundlage für weitere Untersuchungen in dem Bereich. „Mit der Studie haben wir eine Methode entwickelt, die universell einsetzbar ist. Die von uns entwickelte Metrik kann also auch in anderen Büros, egal wie groß oder klein, angewandt werden.“

Männer und Frauen in einem Großraumbüro
Getty Images/Anchiy

Die Studie zeichnet ein aktuelles Bild von Großraumbüros, die in den vergangenen Jahren durch andere Untersuchungen in Verruf geraten sind: So kamen etwa Forscher der Harvard Universität in einer Studie aus dem Jahr 2018 zu dem Schluss, dass das Großraumbüro für die direkte Kommunikation eher schädlich als nützlich sei. Eine australische Überblicksstudie stellte schon 2008 fest, dass die Mehrheit der Beschäftigten in Großraumbüros über Reizüberflutung, niedrigere Produktivität, geringere Zufriedenheit und einen Verlust an Privatsphäre klagen würden. Die Auswirkungen der generellen Raumstruktur der Büros seien bisher aber kaum untersucht worden, so Sailer.

Attraktivere Büros nach dem Home-Office?

Gerade im Hinblick auf die aktuelle Coronavirus-Pandemie und das nun langsame Zurückkehren vom Home-Office in die Büros seien die Studienergebnisse aus London relevant, so Sailer. Nach der mittlerweile in manchen Fällen über ein Jahr dauernden Arbeit im Home-Office hätten sich viele Personen bereits an den Arbeitsplatz zu Hause gewöhnt und würden die wenigen Ablenkungen und Störfaktoren schätzen. Sailer: „Unternehmen müssen es nun schaffen, dass die Leute wieder gerne zurück in die Büros kommen. Unsere Studie kann dabei Ansatzpunkte liefern, wie man Büros so gestaltet, dass sie attraktiver werden.“