Das Coronavirus mit einem Erbgutfaden (RNA) in seinem Inneren
vchalup – stock.adobe.com
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Möglicher Grund für anhaltend positive PCR-Tests

Bei einigen Menschen zeigt der Coronavirus-PCR-Test ein positives Ergebnis an, obwohl die Infektion schon länger zurückliegt und es auch keine erneute gibt. Forscher fanden nun eine mögliche Erklärung dafür: winzige CoV-Erbgutstücke im Erbgut menschlicher Zellen.

Von ihnen gehe keine Gefahr aus, erläutert die Gruppe in einer Studie, die soeben in der Fachzeitschrift „PNAS“ erschienen ist. Solche eingebauten winzigen Fragmente können nicht zu ganzen Viruspartikeln führen und auch keine erneute Infektion auslösen, wie die Forscher um Rudolf Jaenisch vom Whitehead Institute for Biomedical Research in Cambridge (Massachusetts, USA) schreiben.

Die Ergebnisse der „PNAS“-Studie werden gestützt von einer im Fachjournal „PLOS ONE“ veröffentlichten Untersuchung: Eine Gruppe um Ithan Peltan von der University of Utah in Salt Lake City untersuchte Patientinnen und Patienten, die 60 oder mehr Tage nach einem positiven Coronavirus-Test erneut mit einem PCR-Test positiv auf das Virus getestet wurden. In rund 90 Prozent der Fälle lag demnach trotz positivem PCR-Test keine Sars-CoV-2-Infektion vor, es gab also keine erneute Ansteckung.

Sehr seltene Fälle

Das menschliche Erbgut besteht aus sogenannter DNA (Desoxyribonukleinsäure). Bei RNA-Viren, zu denen auch das Sars-CoV-2 gehört, besteht die Erbinformation hingegen aus RNA (Ribonukleinsäure). RNA ist etwas anders aufgebaut als DNA. Damit Viren-RNA in menschliches Erbgut gelangen kann, muss sie von biologischen Werkzeugen in DNA umgeschrieben und dann ins Erbgut eingebaut werden.

In der „PNAS“-Studie wiesen die Forscher nach eigenen Angaben in sehr seltenen Fällen Erbgutfragmente des Coronavirus im Genom von Menschen nach, die sich einige Zeit davor mit dem Erreger infiziert hatten. Zudem versuchten sie, die Integration in Laborversuchen nachzubilden. Ihnen gelang es demnach, kurze Fragmente des Viruserbguts in das Erbgut gezüchteter menschlicher Zelllinien einzubringen.

Für mRNA-Imfpstoffe nicht relevant

Ein nicht an der Studie beteiligter Forscher erklärte, dass die Autoren bei der Integration gezielt nachgeholfen hätten. Sie hätten Laborzellen genutzt, die besonders viel sogenannte Line1-Reverse Transkriptase produzieren, sagte Oliver Weichenrieder vom Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie in Tübingen. Generell integriere dieses Enzym immer mal wieder auch virale RNA. „Der Nachweis, dass so auch Sars-CoV-2-RNA-Fragmente künstlich integriert werden können, ist somit nicht wirklich überraschend.“

Bei der Verwendung von RNA-Impfstoffen spielt das Phänomen nach Einschätzung der Experten keine Rolle. In normalen menschlichen Zellen sei die ausschlaggebende Enzym-Aktivität äußerst gering, erklärte Virusexperte Joachim Denner vom Robert Koch-Institut (RKI). Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Sars-CoV-2-RNA-Impfstoff bruchstückhaft in DNA umgeschrieben und in das Zellgenom eingebaut wird, sei daher nahezu Null.

“Akademisch interessant“

Weichenrieder betonte: „Die gelegentliche Integration von Sars-CoV-2-RNA in die DNA einiger menschlicher infizierter Zellen ist sicher akademisch interessant und sollte unbedingt weiter wissenschaftlich untersucht werden – eine Gefahr für die menschliche Gesundheit kann ich aber daraus nicht erkennen.“

Die aktuelle Arbeit von Rudolf Jaenisch und seinem Team ist als Preprint-Version bereits im Dezember 2020 erschienen und hatte eine heftige Debatte ausgelöst. Nach der Begutachtung durch Kolleginnen und Kollegen ist sie nun deutlich abgeschwächt veröffentlicht worden.

In vielen Internetforen wird seit Monaten die Desinformation verbreitet, wonach RNA-Impfstoffe sich in das Erbgut von Zellen integrieren könnten, eine Aussage, für die es bisher keinerlei belastbare Belege gibt. Zugelassene mRNA-Impfstoffe enthalten zudem lediglich die genetische Bauanleitung für ein einziges Protein des SARS-CoV-2-Virus, das sogenannte SPIKE-Protein. Die aktuelle Publikation hat für diese Diskussion keinerlei Relevanz.