Ein Fernglas, eine Kamera und etwas Geduld. Weltweit verbringen Menschen ihre Freizeit in der Natur, um Vögel zu beobachten. Schon im 18. Jahrhundert war das Hobby vor allem in Großbritannien beliebt, in den letzten Jahren ist es zu einem globalen Trend geworden. Durch die Digitalisierung werden die Sichtungen mittlerweile systematisch erfasst, ein Segen für Vogelforscher. Sie erhalten Zugang zu Beobachtungsdaten aus aller Welt. Damit lassen sich etwa Schätzungen zur Verbreitung aller bekannten Vogelarten anstellen. Das hat das Team um Corey T. Callaghan von der australischen Universität Neusüdwales für seine soeben im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Science“ erschienene Studie gemacht.

Verwendet wurden Vogelbeobachtungen von 2010 bis 2019, die auf der internationalen Birdwatching-Seite eBird von 600.000 Menschen gesammelt wurden. Die Plattform wird vom Cornell Lab of Ornithology betrieben. Auf dieser Basis haben Callaghan und Co. die Verbreitung von 9.700 Vogelarten hochgerechnet, das sind mehr als 90 Prozent aller bekannten Vögel. Dafür haben sie einen eigenen Algorithmus entwickelt, der unter anderem auch berücksichtigt, wie gut einzelne Vogelarten zu beobachten sind, etwa die Größe und Farbe der Tiere und ob sie in Schwärmen oder Stadtnähe leben.
Vier Arten dominieren
Nur vier Arten zählen laut den Studienautoren zum „Club der Milliardäre“: Der Spatz oder Haussperling steht mit 1,6 Milliarden Exemplaren an der Spitze dieser exklusiven Liste, dahinter folgt der Star mit 1,3 Milliarden Individuen, von der Ringschnabelmöwe gibt es 1,2 Milliarden und von der Rauchschwalbe 1,1 Milliarden Stück. „Es war sehr überraschend, dass so wenige Arten die Gesamtzahl dominieren“, meint Callaghan dazu in einer Aussendung. Dabei frage man sich: „Was hat die Arten wohl so hypererfolgreich gemacht?“

Die allermeisten Vogelpopulationen seien allerdings deutlich spärlicher bestückt. Von etwa einem Zehntel aller Arten gebe es weniger als 5.000 Exemplare. Bei einzelnen Arten fällt die Schätzung noch geringer aus: Beim australischen Schwarzbrust-Laufhühnchen kommen die Forscher gar auf nur hundert verbliebene Vertreter. Selten sind auch Vögel aus den Familien der Kiwis (3.000) und der Stelzenrallen (154.000).
Das Beziffern der Häufigkeit einer Art sei ein entscheidender erster Schritt für deren Erhaltung, schreiben die Forscher. „Indem wir richtig zählen, was da draußen ist, lernen wir, welche Arten anfällig sein könnten, und können verfolgen, wie sich diese Muster im Laufe der Zeit ändern“, erklärt Erstautor Corey Callaghan. Wenn eine Populationszahl sinke, könne das eine Alarmglocke für die Gesundheit des Ökosystems sein, in dem diese Art vorkommt. Die Studienautoren plädieren daher für mehr Naturschutz, damit auch kleinere Vogelpopulationen und die Vielfalt der gefiederten Tiere erhalten bleiben.