Josef Aschbacher
APA/GEORG HOCHMUTH
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Raumfahrt

ESA-Vision: Eine Frau auf dem Mars

Die Europäische Raumfahrtagentur hat große Ambition mit einer klaren Ansage: Die ESA will bis 2035 Weltraummacht mit Vorbildfunktion sein. Denn der erste europäische Mensch am roten Planeten Mars wird eine Frau sein, wenn es nach dem neuen österreichischen ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher geht.

Seit Anfang März ist der gebürtige Tiroler Josef Aschbacher Chef der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. Der Österreicher hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt Europa ganz nach vorne an die Spitze der Weltraumnationen zu führen, um nicht – wie er sagt – im Spannungsfeld zwischen den Weltraumnationen USA und China irrelevant zu werden. Seine Vision kann aufgehen, wenn er dafür Rückhalt von der Europäischen Politik und der ESA-Mitgliedstaaten bekommt. Anfang der Woche war er daher u.a. auf Kurzbesuch in Wien, um auch Österreichs Politik von seinen Ideen zu überzeugen.

Die Zukunft ist schon da

Die unendlichen Weiten des Weltalls faszinieren die Menschheit seit Jahrhunderten. Science-Fiction-Filme begeistern, lassen fremde Zivilisation auf fernen Planeten mit all ihren Hi-Tech-Raumschiffen und Drohnen für einige Stunden Realität werden. Sie zeigen Zivilisation, die ohne ihre Weltraumtechnologien gar nicht mehr leben könnten.

In Wahrheit sind wir hier auf unserer Erde, sagt ESA-Generaldirektor im Gespräch, auch schon von Weltraumtechnologien abhängig. Fast unbemerkt haben sie sich in unserem Alltag auf der Erde breit gemacht. Solarpaneele auf Hausdächern, Isolationsmaterialen in Computertomographen etwa. Am deutlichsten aber wird die Bedeutung am Beispiel der Kommunikations-, Wetter- und Navigationssatelliten, sagt Aschbacher: „Es gibt sehr viele Bereiche, wo die Weltraumtechnologie Teil des täglichen Lebens geworden ist oder umgekehrt gedacht, wenn man alle Satelliten für einen Tag abschalten würde – dann würde unser Leben – so wie wir es kennen – zusammenbrechen“. Das heißt weitergedacht, so Aschbacher, Weltraumforschung hilft unserer Gesellschaft sich weiter zu entwickeln und sie ist wirtschaftlich interessant.

Jeder Euro, der in die Weltraumindustrie investiert werde, sei gut investiertes Geld. „Das Geld ist ja nicht ausgegeben oder verschwendet. Es gibt Abschätzungen von Ökonomen, dass ein in die Weltraumtechnologie investierter Euro für einen Rückfluss in die Gesellschaft, in die Wirtschaft von etwa drei, vier – sogar bis zu 10 Euro sorgt. D.h., wenn wir etwa einen Euro in das ESA-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus investieren, um einen Satelliten zu bauen, der später Messungen durchführen wird, dann lohnt sich das eindeutig. Mit diesen Messungen erhalten Landwirte wichtige Informationen über den Zustand des Bodens oder der Katastrophenschutz bekommt beim Einsatz wichtige Messdaten“. Derzeit sorgt die Weltraumindustrie in den 22 Mitgliedsstaaten übrigens allein direkt für 230.000 Jobs.

Die Politik ist gefordert

In den Weltraumtechnologien stecke also viel Potential für die Menschheit, das von der Politik strategisch besser genützt werden sollte, sagt Josef Aschbacher. Der Weltraum muss aus seiner Sicht ein stärkerer Motor für Innovation, Forschung und Industrie in Europa werden. Das Budget der ESA beträgt 2021 knapp 6,5 Milliarden Euro, es dürfte ruhig mehr sein, nachdem es etwa nur ein Sechstel des US-amerikanischen beträgt: „Wenn wir es nicht schaffen, dann riskieren wir genau das, was im IT-Bereich und im Super-Computing-Bereich passiert ist, dass wir zwar die Intelligenz in Europa haben, aber nicht entsprechend investieren. Dadurch stehen heute die größten Supercomputer oder IT-Firmen eben nicht in Europa, sondern irgendwo anders und das ist im Weltraum zu verhindern.“

Aschbacher hat daher die sogenannte Agenda 2025 entwickelt. Er will einerseits die Politik von seinem Plan überzeugen und andererseits die ESA zukunftsfit machen: „Ich will die ESA sehr stark verändern, sie muss dynamischer werden, sie muss reaktionsfähiger werden, sie muss proaktiver werden und auch bereit sein mehr Risiko zu nehmen.“ Das Gute jedoch, die wissenschaftliche Exzellenz gilt es zu bewahren und auszubauen.

Österreich ist ein Juwel im All

Europa habe fantastische wissenschaftliche und technologische Qualitäten, u.a. auch in Österreich. „Österreich ist ein Juwel im Weltraum, österreichische Firmen und Wissenschaftler haben enorme Qualitäten, die wirklich anerkannt sind weltweit“, so Aschbacher, etwa das Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften oder die RUAG Space im Bereich der Weltraumindustrie. Trotz aller Reformnotwendigkeiten werden erfolgreiche ESA-Programme fortgeführt, z.B. die sogenannten „Deep-Space“ Missionen. Nächstes Jahr etwa soll eine Raumsonde – JUICE – zum Jupiter fliegen und dessen Eismonde erforschen.

Teil der Agenda 2025 ist übrigens eine Mission zum Mars mit einer Vision mit Ansage: Aschbacher kämpft dafür, dass als erster europäischer Mensch eine Frau die dünne Marsatmosphäre betreten wird können: „Ich will, dass Politiker aufstehen werden und diese Vision unterstützen und sich dafür einsetzen, dass wir als Europa ein klares Zeichen setzen und eine Frau in der nächsten Dekade auf den Mars bringen werden.“.