Schülerin mit Tablett, Büchern und anderen Unterrichtsmaterialien
AFP/YANN SCHREIBER
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Befragung

Was Lernen im Lockdown erleichtert

Schaffbare Aufgaben und ein Gefühl der Verbundenheit trotz Distance-Learning waren für Jugendliche im Lockdown besonders hilfreich. Das zeigt eine Befragung von über 25.000 Schülerinnen und Schülern in acht Ländern. Die neu erlebte Autonomie hob das Wohlbefinden in der Ausnahmesituation allerdings weniger.

Mit über 19.000 Schülern kam der größte Teil der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Österreich. Erhoben wurden die Daten im Rahmen der ersten Welle der Online-Befragung „Lernen unter Covid-19-Bedingungen“, die ein Forschungsteam der Fakultät für Psychologie um Barbara Schober, Marko Lüftenegger, Christiane Spiel und Julia Holzer von April bis Juni 2020 durchgeführt hat. Dazu kamen noch Teilnehmer aus Zypern, Finnland, Deutschland, Indien, Nordmazedonien, Polen und den USA allerdings in jeweils deutlich geringerer Zahl. Die Ergebnisse waren über die verschiedenen Länder hinweg großteils erstaunlich ähnlich, sagte Holzer, Erstautorin der im Fachmagazin „PLOS ONE“ erschienenen Arbeit.

Ungewohnte Gestalungsmöglichkeit

Die Basis der Untersuchung bildet die Selbstbestimmungstheorie, die von den drei grundlegenden psychologische Bedürfnisse „Autonomie“, „Soziale Eingebundenheit“ und „Kompetenzerleben“ ausgeht. Inwiefern sich das Erleben dieser Grundbedürfnisse in der speziellen Covid-19-Situation, die weltweit Jugendliche ins Distance-Learning gedrängt hat, auf Lernverhalten, -motivation und Wohlbefinden auswirkten, wurde in der Befragung untersucht.

Dass sich die positiven Effekte der erlebten Autonomie in Grenzen gehalten haben, illustriere, „dass man damit auch umgehen können muss“, sagte Holzer. Hat man plötzlich neue, sehr ungewohnte Gestaltungsspielräume „ist es wenig verwunderlich, dass das nicht zu höherer Motivation geführt hat.“ Insgesamt zeige sich auch in anderen Studien, wie wichtig die Fähigkeit ist, mit Autonomie auch sinnvoll umzugehen. Die Wissenschaftler sprechen hier von der Fähigkeit zum selbstorganisierten Lernen, die in den Lockdowns stark zum Tragen kam.

Nicht zu viel, nicht zu wenig

Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung würden zeigen, dass man im Distance-Learning vor allem auf einigermaßen individualisiert schaffbare Aufgaben setzen sollte. Im besten Fall seien dies Arbeitsaufträge, die den jeweiligen Schüler weder krass unterfordern, noch überfordern. Diese „Gratwanderung“ sei natürlich für Lehrer sehr schwer zu schaffen. Holzer: „Auch ein Punkt ist, Aufgaben zu geben, die unterschiedliche Herangehensweisen erlauben – also auch in der Aufgabe Gestaltungsspielraum lassen.“

Die Wichtigkeit der sozialen Eingebundenheit zeige, dass auch im schulischen Homeoffice eine gewisse Interaktivität positive Effekte bringe. So könnten etwa bestimmte Aufgabenteile in der Gruppe gelöst werden, man sich gemeinsam über Lösungswege und Herangehensweisen austauschen und Videochats zur Absprache eingerichtet werden. „In dem Moment, wo die Aufgabe auch eine soziale Dimension hat, bin ich auch motivierter“, betonte die Psychologin, die auch festhielt, dass die Lockdowns wieder gezeigt haben, welch starke soziale Dimension Lernen insgesamt hat.