Eruptionen auf der Sonne
AFP/NASA/SDO
AFP/NASA/SDO
Sonnenstürme

Weltraumwetter gibt Rätsel auf

Sonnenstürme können auf der Erde enorme Schäden anrichten. Um das zu verhindern, braucht es eine präzise Vorhersage des Weltraumwetters – das ist schwieriger als gedacht, wie eine neue Studie zeigt.

Das Weltraumwetter findet zwar im All statt, kann aber enorme Auswirkungen auf das Leben auf der Erde haben. Sonnenstürme, die mit hoher Geschwindigkeit über die Erde hinwegfegen, sind eine ernste Gefahr für die technisierte Gesellschaft.

So können geladene Teilchen, die in die Erdatmosphäre eindringen, elektromagnetische Störungen verursachen, die etwa den Flugverkehr und das Funktionieren von Stromnetzen gefährden. Die Erforschung ihrer Entstehung und das Zusammenspiel mit dem schützenden Magnetfeld der Erde gewinnt daher an Bedeutung.

Sonnenstürme unter der Lupe

Koronale Löcher sind Gebiete auf der Sonnenoberfläche, aus denen das Plasma mit immens hoher Geschwindigkeit austreten kann. „Wir sprechen von einer Geschwindigkeit von mindestens 400 Kilometern pro Sekunde, das ist einige Male schneller als eine Gewehrkugel“, sagt Martin Reiss vom Institut für Weltraumforschung (IWF) der Akademie der Wissenschaften in Graz im Gespräch mit der APA.

Diese Regionen, die sich auf Satellitenaufnahmen als dunklere Bereiche der Korona zeigen, besitzen geringere Dichten und sind kühler als der Rest der Sonnenoberfläche. Da die Magnetfeldlinien rings um ein koronales Loch nicht geschlossen sind, können sie in den Raum hineinragen, Plasma kann ungehindert ins All strömen und schließlich die Erde treffen. Solche Sonnenstürme erzeugen nicht nur eindrucksvolle Polarlichter, sondern haben auch das Potenzial, Satellitensysteme zur Positionierung auf der Erde oder auch Rundfunksignale erheblich zu stören.

Methoden stimmen nicht überein

Seit mehr als zehn Jahren hält die NASA Satellitenmission Solar Dynamics Observatory diese Quellregionen der schnellen Sonnenwindstürme im Auge. Instrumente wie das Atmospheric Imaging Assembly liefern täglich an die 1,5 Terabyte an Bildern an die Erde. Sie werden mit vielen unterschiedlichen automatisierten Methoden ausgewertet. Reiss hat in einer Zusammenschau der Daten in Zusammenarbeit mit Forschungsstätten wie NASA Goddard, NASA Ames und NOAA erkannt, dass sich die errechneten physikalischen Größen deutlich unterscheiden.

„Wir konnten zeigen, dass die Wahl der Methode zur Lokalisierung von koronalen Löchern die berechneten Größen um den Faktor vier beeinflussen kann“, so der IWF-Forscher. Die Ergebnisse hat er im aktuellen „Astrophysical Journal“ publiziert.

Gesucht: Präzise Modelle

„Am Beispiel der Fläche der Quellen des Sonnenwindes wären die Unterschiede so groß, dass die gesamte Oberfläche der Erde etwa 150-mal hineinpassen würde. Die Unterschiede sind um einiges größer als wir erwartet haben“, sagt Reiss, der erst kürzlich vom NASA Goddard Space Flight Center (Maryland, USA) an das Grazer IWF gewechselt ist.

Die neuen Erkenntnisse seien wichtig, um offene Fragen in der Physik von koronalen Löchern – wie etwa deren Beitrag zur Beschleunigung und Ausbreitung des Sonnenwindes – zu klären. Für das IWF sind sie insbesondere wertvoll, um Modelle zur Ausbreitung des Sonnenwindes in unserem Planetensystem zu entwickeln und damit die Auswirkungen auf das Magnetfeld der Erde besser zu verstehen.