Ein Mädchen wird geimpft
AFP – JOSEPH PREZIOSO
AFP – JOSEPH PREZIOSO

Was für und gegen eine Kinderimpfung spricht

Heute entscheidet die europäische Arzneimittelbehörde EMA, ob die Coronavirus-Impfung von Biontech/Pfizer auch für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen wird. Im Folgenden ein Überblick, was aus heutiger Sicht für und was gegen eine solche Impfung spricht.

Kinder und Jugendliche sind nach der Impfung gut gegen eine Coronavirus-Infektion geschützt – das zeigt zumindest die Studie, die Biontech/Pfizer bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zur Prüfung eingereicht hat: Von mehr als 1.100 geimpften Jugendlichen hat sich kein einziger mehr infiziert, in der etwa gleich großen Kontrollgruppe waren es hingegen 16 Neuinfektionen. Diese Zulassungsstudie basiere allerdings auf einer relativ kleinen Gruppe, sagt der Kinderarzt und Infektiologe Volker Strenger von der Grazer Uni-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde. In den USA werden Jugendliche bereits großflächig geimpft, hier erhofft er sich mehr Daten aus der Praxis.

Generell sei die Impfung auch für unter 16-Jährige relativ gut verträglich, aber es kann zu Nebenwirkungen kommen. Diese treten bei Kindern und Jugendlichen zwar häufiger auf als bei Erwachsenen, dass diese besonders schwer seien oder es zu Komplikationen nach der Impfung komme, dafür gebe es derzeit aber keine Hinweise, sagt Strenger. Als häufigste Nebenwirkungen werden genannt: Schmerzen an der Einstichstelle, Kopfweh und Fieber.

Langzeitfolgen für Kinder gefährlicher als Erkrankung

Aber: Warum soll man Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren überhaupt impfen lassen, wo doch bisher bekannt ist, dass sie im Fall einer Infektion tendenziell weniger schwer erkranken? Auch bei Kindern können schwere Krankheitsverläufe auftreten – wenn sie auch deutlich seltener sind als bei Erwachsenen.

Die Langzeitfolgen nach einer Infektion hingegen scheinen Jugendliche sehr wohl zu betreffen: Denn „Long Covid“ – also etwa Erschöpfung noch lange nach der akuten Infektion – wird bei jungen Menschen besonders häufig diagnostiziert, sagt die Leiterin der „Long Covid“-Ambulanz am Wiener Allgemeinen Krankenhaus, Mariann Gyöngyösi.

Demnach belegen Studien, dass mindestens 50 Prozent der an Covid-19 erkrankten Kinder und Jugendlichen ein „Long Covid“-Syndrom entwickeln, in einer italienischen Studie steigt dieser Wert sogar auf fast 60 Prozent der Kinder, die eine Coronavirus-Infektion durchgemacht haben: Sie berichten über mindestens ein Symptom, zumeist über Fatigue, also Erschöpfung, aber auch Konzentrationsschwäche, Müdigkeit oder Kopfweh. Vor diesen Folgen könnte die Impfung schützen.

Mehr Daten aus den USA erhofft

Sowohl Mariann Gyöngyösi als auch Volker Strenger hoffen auf genauere Analyse der Daten aus anderen Ländern, etwa aus den USA, wo bereits über 600.000 Kinder geimpft sind. Wesentliche Faktoren für eine Zulassungsentscheidung in Österreich sind, wie viele Neuinfektionen es gibt, und wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sich auch Kinder anstecken.

Diese Punkte müsse man abwägen, sagt Volker Strenger. Seiner Einschätzung nach wird uns die Pandemie weiter begleiten, und jeder werde die Erkrankung irgendwann bekommen, sofern er nicht geimpft ist. So gesehen werde man um die Impfung früher oder später wohl nicht herumkommen, meint der Kinderarzt. Für Kinder mit Risikofaktoren – etwa mit einer Immunschwäche – biete die Impfung jedenfalls mit Sicherheit Vorteile.