Hochmoor in Schrems
Juliane Nagiller, ORF
Juliane Nagiller, ORF
Umwelt

Moore – der unterschätzte Klimafaktor

Moore speichern mehr Kohlendioxid als alle Wälder auf der Erde. Werden sie trockengelegt, gelangen große Mengen an CO2 in die Atmosphäre. Lange Zeit schenkte man den Mooren kaum Aufmerksamkeit, nun will man sie klimafit machen. Einige Moore werden deshalb wieder vernässt – darunter auch welche im Waldviertel.

Lebensfeindlich, eintönig und auch ein wenig gruselig: Moore haben keinen besonders guten Ruf. Der Mensch hat jahrhundertelang versucht, sie trockenzulegen und für sich zu nutzen. „Moore sind aufgebaut wie große Schwämme, die in der Landschaft liegen und werden hauptsächlich durch eine Pflanzengruppe gebildet, nämlich die Torfmoose“, erklärt Barbara Dolak, Leiterin des Naturparks Hochmoor Schrems. Die schmalen Moospflanzen mit den grünen Köpfchen weisen ein ungehemmtes Längenwachstum auf. Ihre Spitze wächst über Hunderte von Jahren immer weiter, während der untere Teil der Pflanze langsam abstirbt und im feuchten, von Sauerstoff abgeschirmten, Moorboden nur unvollständig zersetzt wird.

Die abgestorbenen Teile der Moorpflanzen werden abgelagert und langsam in Torf umgewandelt. Schicht um Schicht „wächst“ der Torfkörper. „Ein Torfkörper wächst im Jahr durchschnittlich einen Millimeter in die Höhe“, erklärt Dolak. „Wenn wir in einem Hochmoor eine Torfschicht von sieben Metern Tiefe haben, dann haben wir eine Entstehungsgeschichte von etwa 7.000 Jahren.“ Tausende Jahre, in denen sich Kohlenstoff im Moorboden eingelagert hat – und der durchs Torfstechen in kürzester Zeit wieder aus dem Boden geholt wurde. Um Brennmaterial zu gewinnen, wurde beispielsweise im Schremser Moor bis in die 1980er Jahre Torf gestochen. Seit ein paar Jahren versucht man die geschädigten Moorflächen zu renaturieren, also in einen möglichst naturnahen Zustand zu bringen.

Heidenreichsteiner Moor
Juliane Nagiller, ORF
Moor in Heidenreichstein

Klimafaktor Moor

Welche Rolle Moore für den Klimaschutz spielen, sei lange nicht bekannt gewesen, sagt Hans Joosten, Professor für Moorkunde und Paläoökologie an der Universität Greifswald. „Eigentlich erst seit 2010 wissen wir, was der Umfang der Emissionen aus entwässerten Mooren ist.“ Weltweit seien nur noch 85 Prozent aller Moore intakt, erzählt der Moorkundler. Diese Moore würden jedes Jahr 100 Millionen Tonnen Kohlenstoff einlagern. Die entwässerten Moore hingegen würden in Summe jedes Jahr 500 Millionen Tonnen emittieren. „Moore sind langsame Festleger, sie sind sehr gute Festhalter. Aber wenn man sie mobilisiert, durch Entwässerung, werden sie auch zur großen Schleuder.“

Sendungshinweise

Fehlende Feuchtgebiete. Wie Moore das Klima regulieren: Ö1 Dimensionen, 31.5, 19.05 Uhr;
Wiesen, Garten, Moor – drei Wege zum Artenschutz: Thema, ORF 2, 31.5., 21.10 Uhr

Durch Entwässerung beginnen Moore nicht nur CO2 zu emittieren, sie sacken auch ab oder können zu brennen beginnen. So habe das Gebiet zwischen Amsterdam, Utrecht und Den Haag über die letzten eintausend Jahre hinweg mehr als acht Meter an Höhe verloren, berichtet der Niederländer Hans Joosten. Und die großen Brände in Indonesien 2015 waren zu einem großen Teil Moorbrände. Solche können monatelang schwelen, sind nur schwer zu löschen und produzieren viel Rauch. Mehr als 100.000 Menschen sollen an den Folgen der Brände – an Krebs, Hirnschlägen, Lungen- oder Herzerkrankungen – gestorben sein.

Wieder vernässte Flächen schaffen

Eine Konsequenz aus dem Pariser Klimaabkommen müsste sein, alle Moore der Welt wieder zu vernässen, ist Hans Joosten überzeugt. Doch viele ehemalige Moorflächen werden heute von Äckern und Feldern überlagert. In Greifswald experimentiert man daher mit Paludikulturen, mit der landwirtschaftlichen Nutzung von nassen Moorböden. Sehr gute Erfolge habe man mit der Anzucht von Torfmoosen als Kultursubstrat für den Gartenbau, erzählt der Moorkundler. Auch Rohrkolben würden sehr gut im Nassen wachsen und sich aufgrund ihrer festen Strukturen besonders für die Produktion von Bauplatten eignen.

Jemand hält Torfmoos in der Hand
Juliane Nagiller, ORF
Torfmoos

Der Großteil der Moore Europas ist trockengelegt. Einige werden aber auch wieder renaturiert, wie etwa das Heidenreichsteiner Moor im nördlichen Waldviertel. Im Rahmen eines grenzüberschreitenden EU-Projekts wurden die Ablassgräben geschlossen und fast zwanzig Staudämme eingezogen. Ziel der Renaturierung war es, einen relativen hohen Wasserstand im Moor zu erreichen, erzählt Angelika Ebhart, pädagogische Leiterin im Naturpark Heidenreichsteiner Moor. Der liege idealerweise „ungefähr zehn bis zwanzig Zentimeter unter der Oberfläche. Und es wäre wichtig, dass der Wasserstand über das Jahr hinweg auch relativ stabil bleibt.“

Neben offenen Moorflächen gibt es in Heidenreichstein auch einen Moorwald aus Rotföhren. Die Torfschicht in vielen Moorwaldbereichen sei viel tiefer als auf der offenen Moorfläche, erzählt die ausgebildete Landschaftsplanerin von den Messungen, die im Rahmen der Renaturierung durchgeführt wurden. Mittels Laserscan-Daten wurden die alten Gräben im Moorbereich identifiziert. Anschließend wurde getestet, ob sie noch entwässern. Schließlich wurden an den zentralen Stellen rund zwanzig Dämme geplant und eingezogen. Sie bestehen aus Lärchenbrettern und weisen in der Mitte einen Überlauf auf, damit das Wasser abfließen kann, sobald das Stauziel erreicht ist. Bereits wenige Wochen nachdem die Renaturierungsmaßnahmen abgeschlossen waren, habe man Effekte gesehen, zeigt sich Ebhart erfreut. Die typische Moorvegetation habe sogleich begonnen, den neu geschaffenen Lebensraum zu erobern.