Seitliche Ansicht eines Rädertierchens
Michael Plewka
Michael Plewka
Biologie

Nach 24.000 Jahren wieder aufgetaut

Rädertierchen gelten als Überlebenskünstler: Die winzigen Vielzeller vermehren sich asexuell und kommen auch mit extremer Trockenheit, Kälte und Sauerstoffknappheit zurecht. Forscherinnen und Forscher haben nun ein Exemplar aufgetaut, das 24.000 Jahr in Sibirien eingefroren war.

“Vielzeller können eingefroren und über tausende von Jahren aufbewahrt werden – ein Traum für viele Science-Fiction-Autoren“, sagt Studienautor Stas Malavin vom Labor für Bodenkryologie im russischen Puschtschino. Natürlich gebe es komplexere Organismen als die weniger als einen Millimeter großen Rädertierchen. Die Arbeit seiner Forschungsgruppe liefere aber den bis heute „härtesten Beweis“ dafür, dass nicht nur Einzeller, sondern auch Vielzeller tausende Jahre mit einem fast vollkommen eingestellten Stoffwechsel überleben können.

Konnte sich wieder fortpflanzen

Das russische Labor hat sich darauf spezialisiert, winzige Organismen aus uraltem Permafrost in Sibirien zu isolieren. In der Vergangenheit fanden sie bereits zahlreiche einzellige Mikroben, andere Forschergruppen berichten auch von nach Jahrtausenden aufgetauten Vielzellern. In diese Liste lassen sich nun auch die Rädertierchen eintragen. Messungen mit Hilfe der Radiocarbon-Methode zeigten, dass ein Exemplar vor rund 24.000 Jahren im Permafrost einfror. Nach dem Auftauen im Labor gelang es ihm wieder, sich mit der üblichen asexuellen Fortpflanzungsweise zu vermehren.

Ein Rädertierchen erwacht nach dem Auftauen wieder zum Leben

Um den biologischen Prozess zu verstehen, froren die Forscherinnen und Forscher Dutzende Rädertierchen im Labor ein und tauten sie wieder auf. Das Einfrieren dauerte rund eine dreiviertel Stunde, einige der Tierchen überlebten diesen relativ langsamen Prozess, der normalerweise zur Bildung zellschädlicher Kristalle führt. Offenbar, so die Forscherinnen und Forscher in ihrer Studie, haben die Rädertierchen einen Mechanismus entwickelt, der sie vor Schäden schützt und die niedrigen Temperaturen aushalten lässt.

Worin er genau besteht, ist ebenso unklar wie die Frage, ob es einen Unterschied macht, ein paar Jahre oder tausende Jahre unter den gekühlten Umständen zu überleben. Künftige Studien sollen dem nachgehen – und auch untersuchen, ob auch andere Zellen, Gewebe oder Organe überleben können, menschliche inklusive.