Teleskopaufnahme der Milchstraße
NASA/ESA and The Hubble Heritage Team (STScI/AURA)
NASA/ESA and The Hubble Heritage Team (STScI/AURA)
Kosmos

Was blinkt da im Zentrum der Galaxis?

25.000 Lichtjahre von der Erde entfernt haben Astronomen einen blinkenden Stern entdeckt: Seine Helligkeitsschwankungen sind rekordverdächtig – doch die Ursache ist rätselhaft.

Bei dem Riesenstern namens VVV-WIT-08 handelt es sich mit den Worten des ehemaligen Verteidigungsministers der USA, Donald Rumsfeld, um ein „known unknown“, um eine recht seltsame Mischung aus Fakten und offenen Fragen. Vermessen wurde der Stern im Laufe der letzten Jahre mit Hilfe des VISTA-Teleskops in der chilenischen Atacama-Wüste, die Daten zeigen unter anderem: VVV-WIT-08 ist wohl 100 Mal so schwer wie die Sonne, also ein ganz schönes Bröckerl. Wenngleich eines, das sich nicht immer zeigt. Denn 2012 verschwand der Stern plötzlich, um im Jahr darauf in neuer Strahlkraft am Firmament zu erscheinen.

Warum? Weil seine Helligkeit offenbar periodischen Schwankungen unterworfen ist, berichten nun Forscher um Leigh Smith von der Universität Cambridge in den „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“.

Fast unsichtbar

Einen Zahlenwert können die Forscher auch angeben, die Lichtintensität fiel 2012 um 97 Prozent, das ist zu viel, um den Stern in die bekannte Kategorie der periodisch leuchtenden Sterne einzuordnen. Cepheiden beispielsweise schrumpfen bzw. wachsen alle ein bis hundert Tage und verändern im gleichen Rhythmus auch ihre Temperatur und Leuchtkraft – nachdem Helligkeit und Periode zusammenhängen, ist das ein für die Astronomie überaus praktisches Phänomen: Auf diese Weise können Forscher und Forscherinnen nämlich Entfernungen im Kosmos bestimmen.

Künstlerische Darstellung: Stern wird von dunkler Wolke entdeckt
Amanda Smith, University of Cambridge
In der dunklen Wolke muss sich noch ein Stern befinden – oder ein Planet

Auf VVV-WIT-08 trifft das alles nicht zu, folglich muss sich 2012 irgendein kosmisches Objekt vor den Stern geschoben und sein Licht absorbiert haben. In welchem Rhythmus das passiert, ist unklar, laut bisherigen Beobachtungen dürfte es jedenfalls Jahrzehnte dauern, bis sich der Stern das nächste Mal verdunkelt. Smith und sein Team gehen davon aus, dass sich eine dunkle, nicht näher spezifizierte Wolke ins Blickfeld des VISTA-Teleskops bewegt hat, „über deren Ursprung wir nur spekulieren können“, sagt Studien-Co-Autor Sergey Koposov von der Universität Edinburgh.

Suche nach dem Begleiter

Das wahrscheinlichste Szenario: Bei VVV-WIT-08 handelt es sich eigentlich um ein Doppelsternsystem oder um eine Kombination von Stern plus Planet, wobei sich der noch nicht gesichtete Partner im Inneren der Wolke befindet. So, als zöge er auf seiner Umlaufbahn einen gigantischen Schleier mit sich. Dass es sich bei dem Phänomen um Zufall handelt – und die Verdunkelung somit gar nicht periodisch erfolgt, können die Forscher jedenfalls durch Computersimulationen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließen.

Mit den Naturgesetzen lässt sich das Zwinkern von VVV-WIT-08 schon in Einklang bringen, die Frage ist nur: wie? Oder, wie es Co-Autor Philip Lucas von der Universität Hertfordshire ausdrückt: „Hin und wieder finden wir variable Sterne, die in keine der bisher bekannten Kategorien passen.“ Lucas nennt ihn ein „WIT-Objekt“, das Kürzel steht für „What is this?“ – und gibt dem Unbekannten nun zumindest einen Namen.

Ganz im Dunkeln tappen die Forscher freilich nicht. In kosmisches Gas abtauchende Sterne wurden in den letzten Jahren schon einige entdeckt. Ein recht gutes Rollemodell abgeben könnte etwa TYC 2505-672-1 im Sternbild kleiner Löwe. Der Riesenstern aus der M-Klasse braucht 69 Jahre, bis er mit seinem von einer protoplanetaren Scheibe umgebenen Begleiter eine volle Rotation absolviert hat und sich auf seiner Bahn für jeweils dreieinhalb Jahre verdunkelt – so lange wie kein anderer der bisher bekannten Sterne. Die Bestleistung in der Kategorie „Blinken“ dürfte nun allerdings VVV-WIT-08 zufallen: 97 Prozent Lichtverlust über so lange Zeiträume sind im inoffiziellen Buch der astronomischen Rekorde einzigartig.