Wien Museum, Inventarnummer HMW 96015/17
Foto: Peter Kainz
Foto: Peter Kainz
Akademie der bildenden Künste

Otto Wagners nie umgesetzte Pläne

Nachdem das rund 150 Jahre alte Gebäude der Akademie der bildenden Künste am Wiener Schillerplatz schon etwas in die Jahre gekommen war, wurde es nun saniert und restauriert. Wäre es nach dem österreichischen Architekten Otto Wagner gegangen, würde sich die Akademie schon lange an einem anderen Standort befinden.

Im Jahr 1877 wurde das von Theophil von Hansen entworfene Gebäude der Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz in Wien eröffnet. Schon bald kam jedoch Kritik an dem neuen Bauwerk auf, erklärt die an der Akademie tätige Architekturhistorikerin und -theoretikerin Angelika Schnell gegenüber dem ORF: „Mitarbeiter an der Akademie und auch die Öffentlichkeit bemängelten, dass es im Gebäude zu eng sei.“

Zu wenig Platz für Bildhauer

Auch der bekannte österreichische Architekt Otto Wagner, der an der Akademie der bildenden Künste als Professor und Leiter der Spezialschule für Architektur tätig war, konnte sich mit dem Gebäude am Schillerplatz nicht anfreunden. „Wagner kritisierte an dem Bau von Hansen neben dem Platzmangel auch, dass zu viele verschiedene Funktionen – von repräsentativen Aufgaben bis hin zu den eher zweckmäßig orientierten Ateliers – in den Gebäudeblock sozusagen ‚reingestopft‘ wurden“, so Schnell. Außerdem fanden in dem Gebäude schon 1877 nicht alle Studierenden Platz, wie der an der Akademie tätige Historiker, Jakob Krameritsch erklärt: „Im Zuge des Baus am Schillerplatz war ein Problem gleich mitgeliefert, nämlich dass die Bildhauer dort keinen Platz hatten.“

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 15.6. um 13:55

Ideen, die Bildhauer im Hof der Akademie in Baracken unterzubringen, wurden schnell verworfen. Ein Ausweichquartier für die Bildhauer musste also her. Fündig wurde man oberhalb des Oberen Belvederes in einem Areal, das im Besitz des kaiserlichen Hofes stand. Die Bitte, den Grund den Bildhauern dauerhaft zu widmen, wurde abgewiesen. Dass das Areal weiterhin im Besitz des Hofes blieb, sollte ein paar Jahre später noch für Probleme sorgen.

Wagners erste Pläne einer neuen Akademie

Den Platzmangel und die kritisierte Aufteilung des Hansen-Gebäudes am Schillerplatz nahm Otto Wagner zum Anlass, selbst einen Plan zu einem Neubau des Akademiegebäudes zu entwerfen. Der erste Vorschlag entstand im Jahr 1897 – also nur 20 Jahre nach der Eröffnung des von Hansen geplanten Gebäudes. Die von Wagner entworfenen Präsentationszeichnungen und ein Modell des Neubaus der Akademie wurden bei der 2. Secessionsausstellung im Jahr 1898 ausgestellt.

Wien Museum, Inventarnummer HMW 96282
Foto: Peter Kainz
Wagners Entwurf von 1897

Der Neubau sollte an einem Standort östlich des Bahnhofs Hütteldorf entstehen. Angedacht war von Wagner dabei eine Baufläche von zwölf Hektar. „Auf diesem großen Areal sollten die einzelnen Bereiche und Funktionen in eigenen Einzelbauten untergebracht werden. Neben einem großen repräsentativen Eingangsgebäude sollte es daher vor allem einzelne, nebeneinander gebaute Pavillons geben, in denen sich die ganzen Ateliers befinden hätten sollen“, erklärt Schnell. Besonders prunkvoll sollte die Ehrenhalle für Kaiser Franz Joseph werden. Dahinter sollten sich in einer Grünanlage die Ateliers für den aktiven Studienbetrieb befinden. Das Ministerium lehnte den Vorschlag Wagners zu dem Neubau allerdings ab.

Der Rauswurf der Bildhauer

Einige Zeit später, im Jahr 1909, kam es zu Problemen mit dem Areal der Bildhauer oberhalb des Oberen Belvederes, das sich weiterhin im Besitz des kaiserlichen Hofes befand. Die Gründe, auf denen sich zu dieser Zeit diverse Bildhauerbauten befanden, sollten auf Wunsch des Thronfolgers Franz Ferdinand, „ehebaldigst“ rückgestellt werden. Es bestehe eine gewisse „Dringlichkeit der Inanspruchnahme für die Zwecke der Hofverwaltung“, hieß es damals. Auf dem Grund sollte ein Nebengebäude für Kanzleien, Beamte und Diener gebaut werden. Dafür sollten die Bildhauergebäude „demoliert und der Platz planiert“ werden.

Wien Museum, Inventarnummer HMW 96015/14
Foto: Wien Museum/Peter Kainz
Aus dem Wagner-Entwurf von 1910

Laut Krameritsch waren sich die Akademie-Professoren zu dieser Zeit bereits darüber einig, dass die nun an mehreren Standorten verteilten Schulen der Akademie der bildenden Künste wieder vereint werden sollten. Die Dezentralisation der einzelnen Kunstfächer schädige nämlich die Kunstförderung. „Dadurch und durch die nun sozusagen obdachlos gewordenen Bildhauer wurde der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass man die Bildhauer nun wieder mit den anderen Kunstklassen zusammenführen könnte. Das war auch der Anlass eines neuen Plans von Otto Wagner“, so Krameritsch.

Wagners zweite Pläne, die nie umgesetzt wurden

Den zweiten Vorschlag erstellte Wagner im Jahr 1910. Die Örtlichkeit für die neue Akademie war diesmal genauer beschrieben. In der Nord-Süd-Richtung erstreckte sich das Areal zwischen der Hütteldorfer Straße und der Gablenzgasse, in der West-Ost-Richtung zwischen der Bein- und der Kirchstettengasse sowie der Schweglerstraße. Die Hauptfront der Akademie der bildenden Künste hätte sich damit unmittelbar hinter der heutigen Wiener Stadthalle befunden. Ähnlich den ersten Plänen hätte es auch in dieser Anlage Pavillons gegeben.

Plan von Otto Wagner für Bildende
Foto: Wien Museum/Birgit und Peter Kainz
Plan von Wagner aus dem Jahr 1910

Auch der zweite Entwurf Wagners zum Neubau der Akademie wurde vom Unterrichtsministerium abgewiesen. Über die genauen Gründe dafür, können sowohl die Architekturtheoretikerin Schnell als auch der Historiker Krameritsch nur spekulieren. Wahrscheinlich sei aber, dass es für das Ministerium zu wenig Anlass für einen Neubau gegeben habe, der natürlich auch mit hohen Kosten verbunden gewesen wäre. Schade, finden Schnell und Krameritsch, denn wie sie gegenüber dem ORF erzählen, hätten sie beide nichts dagegen, wenn das Areal der Akademie heute größer und mehr in der Natur sei. Die Bildhauer siedelten nach der Absage durch das Ministerium in ein Gebäude im Wiener Prater.

Die Akademie der bildenden Künste Wien wird diesen Herbst wieder zurück in das neu restaurierte und sanierte Gebäude am Schillerplatz ziehen.