Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) im Nationalrat hält eine Rede – umgeben von Plexiglasscheiben
APA/HERBERT NEUBAUER
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Coronavirus

Neuartiges Material entfernt Aerosole aus der Luft

Coronaviren verbreiten sich mit Hilfe feiner Tröpfchen. Das ließe sich verhindern: Ein neuer „Aerosol-Schlucker“ aus den USA entfernt solche Partikel aus der Luft – und könnte somit auch vor Ansteckungen in Innenräumen schützen.

Im österreichischen Parlament sind die Sitzplätze mit Plexiglasscheiben voneinander getrennt, ein ähnliches Bild bietet sich derzeit in Hotels, Lokalen und überall dort, wo Menschen im Handel miteinander in Kontakt treten. Solch durchsichtige Trennwände können zwar den direkten Austausch von virushaltigen Tröpfchen mindern – eine endgültige Lösung für das Problem ist das allerdings nicht: Denn die Tröpfchen werden durch die errichtete Barriere bloß abgelenkt.

Tröpfchen bleiben kleben

Anders wäre das freilich, „wenn eine Oberfläche die Tröpfchen tatsächlich einfangen würde. Dann könnten wir auch die Quelle möglicher Virusübertragungen eliminieren“, sagt Jiaxing Huang von der Northwestern University in Illinois, USA.

Ein Polymer, das dafür geeignet wäre, hat der Materialforscher nun mit seinem Team im Fachblatt „Chem“ vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Polyelektrolyt, also um eine wasserlösliche Verbindung, die man auf Oberflächen auftragen kann. Dass diese Schicht Tröpfchen und Aerosole tatsächlich einfangen kann, haben Huang und sein Team an einigen Materialen unter Beweis gestellt. Siliziumscheiben mit einer Polyelektrolytschicht erwiesen sich als ebenso effektive Aerosolfänger wie entsprechend behandelte Plexiglasscheiben (siehe Video).

Bei letzten führten die Forscher auch einen praxisnahen Test durch, der die Frage beantwortete: Was passiert, wenn jemand direkt auf die Oberfläche niest? In diesem Fall wurden vom Niesreiz geplagte Menschen aus methodischen Gründen zwar durch einen Spray ersetzt, der Versuch zeigt jedenfalls: Selbst unter diesen verschärften Bedingungen reduziert sich die Zahl der in der Luft fliegenden Tröpfchen um 80 Prozent. Für die Anwendung in der Praxis wäre es allerdings wichtig, diese Oberflächen nicht zu berühren, sagt Huang. Und wegen der Ästhetik – etwa allfälliger schmierigen Schichten – brauche man sich keine Sorgen zu machen, putzen könne man die Oberflächen nämlich ganz normal.

Auch geeignet: Holz, Beton, Textilien

Chemische Varianten des Polymers haben die Forscher mittlerweile ebenfalls entwickelt, die Methode funktioniert laut Studie auch bei Beton, Holz, Glas und sogar bei Textilien.

Tröpfchen auf einer Oberfläche unter dem Mikroskop
Northwestern University
Tröpfchen bleiben kleben: „Aerosol-Schlucker“ unter dem Mikroskop

Gleichwohl handle es sich bei den Versuchen noch um Grundlagenforschung, betont Huang. Bis das Polymer auf den Markt komme, werde es noch einige Zeit dauern. „Dann wird die Pandemie wahrscheinlich schon vorbei sein. Aber wir wollen zumindest Evidenzen für das Gesundheitswesen schaffen. Bei der nächsten Pandemie werden wir jedenfalls besser vorbereitet sein.“