Eine Schülerin lernt mit technischen Hilfsmitteln wie Smartphone oder Laptop im elterlichen Wohnzimmer, da die Schulen in Österreich aufgrund der Coronaviruskrise geschlossen werden.
APA/ERWIN SCHERIAU
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Schule

Distance-Learning ähnlich wie Sommerferien

Eine weltweite Studie stellt dem Distanzunterricht während der Coronavirus-Krise ein schlechtes Zeugnis aus. Die erste Phase des Distance-Learning habe sich auf das Wissen von Schülerinnen und Schülern ähnlich negativ ausgewirkt wie Sommerferien – wenn also gar kein Unterricht stattfindet.

„Die meisten Maßnahmen des Fernunterrichts im Frühling 2020 waren für das Lernen der Schüler und Schülerinnen nicht effektiv. Es gab keinen Unterschied zwischen diesen Maßnahmen und der Abwesenheit von systematischem Lehren während der Sommerferien“, schreibt ein Team um den Psychologen Andreas Frey von der Universität Frankfurt in einem Preprint, also einer noch nicht von der Fachgemeinde beurteilten Studie.

Millionen Daten aus dem Frühling 2020

Die Forscherinnen und Forscher identifizierten in der Übersichtsarbeit mit wissenschaftlichen Datenbanken weltweit jene Studien, die über die Auswirkungen der coronavirusbedingten Schulschließungen auf die Leistungen und Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern berichteten. „Wir haben nur forschungsmethodisch hochwertige Publikationen berücksichtigt“, so Frey in einer Aussendung der Universität Frankfurt.

Elf Studien flossen so in die Review eines Teams um die Erstautorin und Psychologin Svenja Hammerstein ein. Beinhaltet sind darin Millionen Daten von Schülern und Schülerinnen bis zur zwölften Schulstufe, die im Frühjahr 2020 in den USA, Australien, China, Deutschland, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz gesammelt wurden. Die Fächer reichen von Lesen über Mathematik bis zu Geschichte und Fremdsprachen.

Schere zwischen Arm und Reich noch größer

In der Studie zeigte sich, dass der Kompetenzerwerb während der Schulschließungen im Vergleich zu Präsenzbedingungen deutlich geringer ausfiel. Besonders stark zu beobachten seien Kompetenzeinbußen bei jüngeren Kindern und Jugendlichen – sowie bei jenen aus sozial benachteiligten Elternhäusern. „Hiermit sind die bisherigen Vermutungen durch empirische Evidenz belegt: Die Schere zwischen Arm und Reich hat sich während der ersten coronavirusbedingten Schulschließungen noch weiter geöffnet“, schlussfolgert Frey.

Allerdings brachten einige der eingeflossenen Studien auch gegenteilige Ergebnisse: Wo etwa frühzeitig eine spezielle Software zum Erlernen von Fremdsprachen eingesetzt wurde, hatten die Kinder und Jugendlichen gute Lernfortschritte – zum Teil besser als unter Präsenzbedingungen. Davon profitierten vor allem schlechtere Schüler und Schülerinnen, berichten die Forscher – möglicherweise weil sich diese daheim vor dem Computer weniger durch ihre Mitschüler abgelenkt fühlten.

In der aktuellen Arbeit wurden die Auswirkungen der ersten Schulschließungen im Frühling 2020 untersucht. Die Effekte des späteren Fernunterrichts ab Winter 2020/21 müssten insgesamt nicht zwangsläufig ebenso negativ ausfallen. Inzwischen habe sich die Onlinelehre vielerorts verbessert, das scheine die negativen Effekte abfedern zu können.