Monika Henzinger
FWF/DanielNovotny
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Auszeichnung

Wittgenstein-Preis für Informatikerin Henzinger

Der Wittgenstein-Preis 2021 geht an Monika Henzinger von der Universität Wien. Die Informatikerin arbeitet unter anderem an Algorithmen, die die Privatsphäre besser schützen sollen. Die höchste wissenschaftliche Auszeichnung Österreichs geht erst zum sechsten Mal an eine Frau.

Neben dem mit 1,5 Mio. Euro dotierten Wissenschaftsförderpreis wurden sechs Start-Preise an Nachwuchsforscherinnen und -forscher vergeben. Das gab der Wissenschaftsfonds FWF am Dienstagnachmittag in Wien bekannt.

Schon als Schülerin eines Mädchengymnasiums sei für sie klar gewesen, dass Mathematik und Informatik ihre Gebiete waren, auch wenn das ziemlich „uncool“ gewesen sei, so Henzinger. Doch sie blieb ihrem Interesse treu und legte damit eine coole Karriere als Informatikerin hin. "Ich möchte der internationalen Jury sowie dem FWF für diese großartige Auszeichnung danken“, sagte Henzinger in einer ersten Reaktion. „Außerdem zeigt der Preis, wie erfolgreich Frauen in der Informatik sein können, und hoffentlich ermutigt das mehr Kolleginnen, Informatik zu studieren“, so Henzinger.

Internationale Karriere

Henzinger ist seit 2009 Professorin an der Universität Wien. Nach dem Informatikstudium in ihrem Herkunftsland Deutschland promovierte sie an der Princeton University in den USA und erhielt eine Assistenzstelle an der Cornell University. Ein zwischenzeitlicher Wechsel in die Privatwirtschaft gipfelte in Henzingers Position als Forschungsdirektorin beim Digitalkonzern Google. Zurück im akademischen Bereich war sie Professorin an der EPF Lausanne in der Schweiz, von wo sie schließlich nach Wien wechselte. Sie ist Verfasserin von über 200 wissenschaftlichen Arbeiten und hält über 80 Patente.

Die 55-jährige Wissenschaftlerin hat bereits zahlreiche Auszeichnungen und Preise erhalten. Dazu zählen ein Career Award der National Science Foundation (NSF; 1995), ein Top 25 Women on the Web Award (2001), ein European Young Investigator Award (2004), ein Google Research Award (2011), die Ehrendoktorwürde der TU Dortmund (2013), die Ernennung zum Fellow der European Assocation of Theoretical Computer Science (EATCS; 2014) und zum Fellow der Association of Computing Machinary (ACM; 2016), der SIGIR Test of Time Award (2017), der Preis der Stadt Wien für Naturwissenschaften (2018) und die Carus-Medaille der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina (2019), deren Mitglied sie seit 2014 ist.

Monika Henzinger
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Monika Henzinger hält über 80 Patente

Zudem ist sie Mitglied der Academia Europaea und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Bereits 2013 erhielt die Mutter von drei Kindern einen hochdotierten „Advanced Grant“ des Europäischen Forschungsrats (ERC), um effizientere Algorithmen für Aufgaben zu entwickeln und in konkreten Anwendungen umzusetzen, die auf graphalgorithmischen Problemen beruhen. Heuer erhielt sie den zweiten derartigen, mit bis zu 2,5 Mio. Euro dotierten ERC-Förderpreis.

In ihrer Forschungsgruppe „Theorie und Anwendungen von Algorithmen“ an der Universität Wien ist Henzinger auf die Gestaltung algorithmischer Systeme spezialisiert, unter anderem im Bereich der Analyse großer Datenmengen. Zu ihren Forschungsbereichen gehören computergestützte Verifizierung, Algorithmiksysteme auf Basis der Graphentheorie, verteiltes und paralleles Rechnen sowie algorithmische Spieltheorie. Einen neuen Schwerpunkt legt sie auf „Differential Privacy“.

Algorithmen für ein besseres Internet

Der Schutz der Privatsphäre im Zusammenhang mit Algorithmen werde immer wichtiger, sagt die Preisträgerin gegenüber dem ORF: „Oft trauen sich die Menschen gar nicht mehr, irgendwelche Systeme zu benützen, ihren Namen irgendwo einzutippen, weil sie Angst haben, dass sie zu viel von ihrer Privatsphäre hergeben.“

Man könne etwa durch die Kombination von Datenbanken viel über einzelne Personen herausfinden. Deswegen arbeitet sie daran, die notwendige Unschärfe in Datensuchalgorithmen einzubauen. „Die Informationen, die wir rausgeben, werden einen leichten Fehler haben, sodass man mit den Daten noch immer interessante Statistiken erheben kann, aber trotzdem garantieren kann, dass die Privatsphäre jedes Einzelnen geschützt ist.“

Die Nachwuchsförderung ist Henzinger seit jeher ein großes Anliegen: Sie freue sich über die Aufmerksamkeit für das Fach Informatik, die mit dem Wittgenstein-Preis verbunden sei. Die Informatik in Europa und Österreich habe das Problem, dass ihr der Nachwuchs fehle: „Ich bin der Meinung, dass jeder, der gerne Sudokus löst, ein super Informatiker wäre. Mit Informatik kann man wirklich die Welt verändern, hat immer interessante Aufgaben und keine Schwierigkeiten, einen Job zu finden“, betont Henzinger.

Sechs Start-Preise vergeben

Bei den diesjährigen Start-Preisen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) Wien und der Universität Wien abgeräumt. Drei der sechs jeweils mit rund 1,2 Mio. Euro für sechs Jahre dotierten Förderpreise für Nachwuchsforscher gehen an die TU Wien, zwei an die Uni Wien und einer an die Universität Innsbruck.

Die Preisträgerinnen und Preisträger: Die belgische Physikerin Laura Donnay vom Institut für theoretische Physik der TU Wien beschäftigt sich mit Schwarzen Löchern. Der Physiker Julian Leonard hat sein Doktoratsstudium an der ETH Zürich abgeschlossen, ist derzeit als Postdoc an der Harvard University beschäftigt und will eine neue Form des Quantencomputers realisieren. Der aus dem Burgenland stammende Chemiker Hannes Mikula vom Institut für Angewandte Synthesechemie der TU Wien arbeitet an der Schnittstelle zur Biologie.

Der aus Indien stammende Mathematiker Yash Lodha wird sich an der Universität Wien mit der mathematischen Disziplin der Gruppentheorie beschäftigen. Der „(Stellen-)Wert von Impfungen“ steht im Mittelpunkt des Start-Projekts von Katharina Theresa Paul vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien. Die Auswirkungen globaler Veränderungen auf Gewässerökosysteme will der aus Lienz stammende Biologe Markus Hartmann Möst vom Institut für Ökologie der Universität Innsbruck besser verstehen.