Hauptplatz Linz
ORF OOE/Linz
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Mikroklima

Mit Bäumen gegen die Hitze der Stadt

Der Juni 2021 wird vermutlich einer der zehn wärmsten Juni-Monate der Messgeschichte werden. Gerade in den Städten wird die steigende Anzahl an Hitzetagen zum Problem. In Mikroklima-Modellen simulieren Forscherinnen und Forscher, wie man Städte kühlen könnte – große Bäume etwa können die Temperatur auf asphaltierten Plätzen an die zehn Grad senken.

Laut Thermometer hat es um die dreißig Grad. Doch tritt man vor das Haus, spürt man eine drückende Schwüle. Es fühlt sich viel wärmer an. Was wir spüren ist nicht die Lufttemperatur, sondern die mittlere Strahlungstemperatur, erklärt Tanja Tötzer vom Austrian Institute of Technology. Und die Strahlungstemperatur kann deutlich höher sein als die Lufttemperatur. „Geht man aus der Sonne und unter einen schattigen Baum, ist es gleich ein anderes Empfinden und viel angenehmer. Die Lufttemperatur ist aber in beiden Bereichen annähernd gleich, weil ständig ein Luftaustausch stattfindet.“

Beschattung und Verdunstungskühlung

Wie stark Bäume oder begrünte Fassaden die Strahlungstemperatur in einer Stadt absenken können, zeigen Mikro-Klimamodelle, wie sie etwa im City Intelligence Lab des AIT angefertigt werden. In diesen 3-D-Modellen werden Informationen wie Oberflächenbeschaffenheit, Struktur und Ausrichtung von Gebäuden und Straßen verarbeitet und die Effekte von Anpassungsmaßnahmen auf einem Raster bis zu einem Meter berechnet, erzählt die Stadtklimaexpertin. Im Rahmen des EU-Projekts Clarity wurde etwa für die Stadt Linz simuliert, wie man die zunehmende städtische Hitzebelastung mindern könnte.

Eine gezielte Maßnahme gegen Überhitzung ist das Pflanzen von großen Bäumen. Am Hauptplatz von Linz – ein, wie viele andere städtische Plätze auch, offener und asphaltierter Platz, der sich stark aufheizt – könnte die mittlere Strahlungstemperatur über 24 Stunden durch neun Bäume um bis zu elf Grad abgesenkt werden, berichtet Tanja Tötzer. Die Bäume beschatten den Platz, er nimmt weniger Strahlung auf und gibt dann auch nachts weniger Wärme ab. Zudem verdunsten Bäume bei Hitze Wasser und kühlen dadurch ihre Umgebung. Ein Effekt, der bei Laubbäumen noch stärker ausgeprägt ist als bei Nadelbäumen.

Hitzeinseln bilden sich dort, wo es viele versiegelte Flächen gibt – etwa auf dem Linzer Hauptplatz
ORF.at/Roland Winkler
Hitzeinseln bilden sich dort, wo es viele versiegelte Flächen gibt – etwa auf dem Linzer Hauptplatz

Frischluftschneisen …

Zwar wirkt jeder einzelne Baum positiv auf das Stadtklima, indem er lokal für ein wenig Kühlung sorgt, wichtig wären aber kombinierte Maßnahmen, sagt Tanja Tötzer. „Wenn man wirklich für das Mikroklima etwas tun will, dann muss man zumindest den gesamten Straßenzug begrünen. Wenn man für die gesamte Stadt etwas tun will und die Stadt anpassen will, dann müssen das großräumige Maßnahmen sein.“

Gelingt es, die grünen Elemente einer Stadt miteinander zu verbinden, kann man kühle Luft aus den großen, außerstädtischen Grünflächen in die Stadt leiten. In Linz kommt beispielsweise nachts kühlende Luft aus dem Haselgraben, einem Tal im Mühlviertel. Diese Frischluftschneise dürfe nicht verbaut werden, will man diesen Effekt weiterhin nutzen, sagt die Forscherin.

… und Bodenentsiegelung

Bei Neubauprojekten können Mikro-Klimasimulationen helfen, die Ausrichtung der Gebäude und den Baumbestand klug zu planen. Die größere Herausforderung ist derzeit die Anpassung der historischen Stadtzentren. Denkmalgeschützte Fassaden können nicht begrünt, Plätze, unter denen sich Tiefgaragen befindet, nicht mit großen Bäumen bepflanzt werden.

Neben Begrünung könnte auch Entsiegelung helfen, berichtet Tanja Tötzer. Beispielsweise kann man mit Rasengittersteinen Flächen, wie etwa Parkplätze, begrünen. Auch gebe es befahrbare, versickerungsfähige Bodenbelege. Sie sind gerade für die oft mit Hitze einhergehenden Starkregenereignisse wichtig, da sie sicherstellen, dass der Boden Niederschlag aufnimmt und speichert.