Alte Frau im Rollstuhl mit Betreuung
©Photographee.eu – stock.adobe.com
©Photographee.eu – stock.adobe.com
Stoßwellen

Impulse gegen Demenz

Rund zehn Millionen Menschen sind in Europa von Demenz betroffen, Tendenz steigend. Neue Therapieansätze sind daher gefragt. Österreichische und kanadische Mediziner erproben eine innovative Alzheimer-Therapie mit Stoßwellen. Erste Versuche sind vielversprechend.

Bis zum Jahr 2050 wird sich die Zahl der Demenzerkrankten auf rund 20 Millionen verdoppelt haben. Zu dieser Einschätzung kommt die NGO Alzheimer Europe. Demenzerkrankungen sind für Betroffene und deren Angehörige meist eine enorme seelische Herausforderung. Medikamente und Therapien, die die Demenz stoppen bzw. den Abbau der Gehirnzellen verlangsamen können, werden daher dringend gesucht.

Eine – aus heutiger Sicht – vielversprechende Therapie ist die sogenannte transkranielle Pulsstimulation, kurz TPS. Das ist eine Therapie, die mit Hilfe von Stoßwellen der Gehirnzelle Impulse sendet, um sich zu regenerieren.

Positives Feedback von Angehörigen

Seit gut einem Jahr behandelt Matthias Geisler, Stoßwellen-Experte in Wien, seine dementen Patienten und Patientinnen mit der TPS. Dabei kommt ein spezielles Stoßwellen-Gerät zum Einsatz, das die betroffene Gehirnregion gezielt sozusagen „be-pulst“ und dabei einen lauten Klickton macht.

Anmerkung:

Nach Rückmeldung ergänzt die Redaktion die Information, dass der Mediziner Matthias Geisler Orthopäde und Allgemeinmediziner ist mit Spezialisierung auf Stoßwellentherapie. Eine neurologische Abklärung vor einer Demenz-Therapie ist in jedem Fall unerlässlich.

Rund 40 Frauen und Männer sind bis jetzt zur schmerz- und nebenwirkungsfreien Behandlung zu Matthias Geisler in die Ordination gekommen. Zwei Drittel der pflegenden Angehörigen geben in einer begleitenden Studie an, dass sich die Therapie positiv auswirkt, sagt Geisler. Die Reaktionen auf die Behandlung seien allerdings unterschiedlich, da ja auch jede Demenzerkrankung unterschiedliche Ausprägungen habe. Mehrheitlich berichten die Angehörigen, so der Mediziner, dass sich die Kommunikation mit den Erkrankten verbessert habe und sich die Demenzerkrankten wieder mehr an Gesprächen beteiligen würden.

Frau Brigitte aus Wolfsberg in Kärnten etwa, ist im Interview mit science.orf.at von der Stoßwellen-Behandlung angetan. Ihr 80-jähriger Mann, der seit drei Jahren von Alzheimer betroffen ist, sei jetzt fast der Alte. Er sei wieder „aufg‘stellter“, zufriedener und motivierter. Seine Depressionen seien weg. Seine Gedächtnisleistung habe sich verbessert, das hätte ein routinemäßig durchgeführter Test bei einem Neurologen belegt. Und für sie selbst habe sich die Situation auch deutlich verbessert. Vor dem Behandlungsbeginn sei sie oft nahe dran gewesen – wie sie sagt – ihre Nerven wegzuschmeißen.

Das Prinzip der Stoßwelle

Die Erfahrungsberichte seiner Patienten, sagt Mediziner Matthias Geisler, würden die positive Wirkung der Stoßwelle auf das Gehirn belegen. Die auf Fakten basierende Wissenschaft hinke der Empirie hinter her. Aber es gebe erste Daten, die zeigten, dass es durch die Stoßwelle im Gehirn zu einer Verbesserung des Stoffwechsels kommen kann und dadurch noch funktionierende Gehirnzellen aktiviert werden können.

Noch stehe man am Anfang der Forschung, aber – so Geisler – langsam würde die Medizin das Potential der Stoßwellenbehandlung bei Alzheimer erkennen und anerkennen, dass die TPS ein Hoffnungsgebiet für andere Krankheiten ist. Verbesserungen durch TPS seien bei verschiedenen neuropsychiatrischen Hirnerkrankungen, wie Parkinson, Schlaganfall, Multipler Sklerose oder Nervenschmerzen erwartbar, sagt der Neurologe Roland Beisteiner der MedUni Wien.