Eine Rudel Hyänen
Kate Shaw Yoshida
Kate Shaw Yoshida
Rangordnung

Hyänen erben Beziehungen von Müttern

Die Rangordnung spielt in Hyänenrudeln eine große Rolle. Forscher fanden nun heraus, dass die Abstammung der Tiere entscheidend ist, denn der Nachwuchs erbt soziale Kontakte von den Müttern. Nachkommen ranghöherer Hyänen haben es daher im späteren Leben leichter.

Die Rudel der Flecken- oder Tüpfelhyänen (Crocuta crocuta) können mehr als einhundert Tiere umfassen. In diesen zum Teil sehr großen Gemeinschaften geben die Weibchen den Ton an – männliche Hyänen stehen in der Rangordnung weiter unten. Welche Position eine Hyäne aber tatsächlich im Rudel einnimmt, hängt stark von ihren sozialen Netzwerken und Kontakten innerhalb der Gemeinschaft ab. Diese Netzwerke erben die Tiere von ihren Müttern, erklären Forscherinnen und Forscher aus Israel und den USA in einer aktuellen Studie, die im Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde.

Daten aus 27 Jahren

„Die sozialen Strukturen von Hyänen werden bereits seit Langem erforscht, bisher war aber noch wenig darüber bekannt, wie die Ränge in den Gemeinschaften tatsächlich zustande kommen“, erklärt der Biologe Amiyaal Ilany von der Bar-Ilan Universität in Israel gegenüber dem ORF. Er und weitere Forscherinnen und Forscher aus Israel und den USA werteten daher Daten zu knapp 74.000 Interaktionen von Fleckenhyänen in Kenia aus. Die Daten wurden von der US-amerikanischen Biologin Kay E. Holekamp ab 1989 über einen Zeitraum von 27 Jahren gesammelt. „Ohne diese detaillierten Informationen über die Interaktionen der Hyänen wäre unsere Forschung nicht möglich gewesen“, unterstreicht Ilany die Bedeutung des Datensatzes.

Das Forscherteam nutzte die gesammelten Informationen, um die sozialen Verbindungen der Tiere zu rekonstruieren. Dabei untersuchten sie zum Beispiel, wie oft die Hyänen am Tag Kontakt mit anderen Rudelmitgliedern hatten und welche Tiere besonders kontaktfreudig waren. Danach verglichen die Forscher die sozialen Netzwerke der Muttertiere und ihrer Nachkommen.

Mütter vererben soziale Kontakte

„Unsere Forschung hat gezeigt, dass die sozialen Kontakte der Jungtiere und ihrer Mütter in vielen Fällen sehr ähnlich sind“, so Ilany. Zurückzuführen sei das darauf, dass ein Muttertier, das soziale Bindungen zu einer anderen Hyäne hat, seinen Nachwuchs irgendwann mit diesem Tier in Kontakt bringt. Dieser soziale Kontakt halte auch dann noch an, wenn sich die Bindung zwischen dem Muttertier und dem Nachwuchs abschwächt.

Wie stark die sozialen Netzwerke aber tatsächlich an den Nachwuchs vererbt werden, hänge laut Ilany vor allem von dem Rang der Muttertiere im Rudel ab. Jungtiere ranghöherer Hyänen hatten demnach später vor allem dann größere Überlebenschancen, wenn sie die sozialen Netzwerke ihrer Mütter kopierten. Bessere soziale Kontakte würden, so Ilany, zu einem höheren Rang im Rudel und in weiterer Folge zu einer besseren Versorgung mit Nahrung führen – die Überlebenschance und die Wahrscheinlichkeit, sich später selbst fortzupflanzen, seien dadurch stark erhöht.

Ähnlichkeit mit Menschen

Nachkommen von im Rudel weniger relevanten Hyänen hatten es insgesamt schwerer, konnten ihre Überlebenschancen laut der Studie aber vor allem dann erhöhen, wenn sich ihre Kontakte von dem Netzwerk ihrer Mütter unterschieden. „Dieses Verhalten kann man auch zum Teil auf uns Menschen übertragen: Ein Kind erfolgreicher Eltern ist wahrscheinlich gut damit beraten, seine Eltern in so vielen Bereichen wie möglich zu imitieren, um später auch größere Chancen auf Erfolg zu haben. Kinder aus weniger erfolgreichen Familien haben es später eventuell leichter, wenn sie nicht alles direkt von ihren Eltern kopieren“, erklärt Ilany.

Für das Forscherteam ist das Vererben der sozialen Beziehungen in den Hyänenrudeln ein möglicher Hinweis darauf, wie sich die Ränge in den Tiergemeinschaften tatsächlich entwickeln. Die Studie unterstreiche außerdem, wie stark nicht genetische Faktoren den Fortpflanzungserfolg und das Gesamtüberleben einiger Tierarten beeinflussen können. „Mit unserer Studie haben wir hoffentlich einen Grundstein für die weitere Erforschung von sozialen Netzwerken und den Hierarchien im Tierreich geschaffen“, erklärt Ilany abschließend.